SILOAH im Doppelpack
Kirchengemeindeverband und Familienkommunität, beide heißen SILOAH und sind eng miteinander verbunden.

Dieses Gemeindemodell, das sich im Umfeld einer geistlichen Lebensgemeinschaft und ihrer Hausgemeinde samt Gästebetrieb entwickelt hat, ist einmalig in unserer Kirche. In der Regel sind die Kommunitäten überregional wirksam und landeskirchlich organisiert. So sind wir einer der vielen praktischen "Feldversuche" in der Vielfalt künftiger Gemeindeformen, die sich in unserer Landeskirche ausprobieren dürfen. "Probieren geht über Studieren" sagt das Sprichwort und will sagen: Manchmal ist es besser, etwas einfach praktisch zu versuchen, ehe man lange Konzepte entwickelt, die sich dann trotzdem erst in der Praxis bewähren müssen.

Während es in den Kirchengemeinden der einzelnen Dörfer unserer Umgebung personell und finanziell und bei den Zahlen der Gottesdienstbesucher immer enger wurde, haben wir für uns als kleine Gemeinschaft von Christen im ländlichen Raum zwei Entscheidungen getroffen:
1) Wir wollen nicht jammern und klagen über das, was nicht mehr geht, sondern die Realität erkennen, wie sie ist nach dem Motto:
"So ist es und so darf es auch sein, aber so muss es nicht bleiben!"
2) Wir wollen entschlossen das Wenige versuchen, was uns möglich ist, um als Gemeinde Jesu zu leben.

Zuerst haben wir ganz im Verborgenen, in unserer Krypta, einem alten Kartoffelkeller auf dem SILOAH-Hof angefangen, täglich zusammen zu beten. Das ist die verborgene "Herzfunktion". Ohne Herz kann kein Organismus leben.
Bald merkten wir aber, wie unterschiedlich wir geprägt sind, vom liturgischen Lutheraner bis zur freikirchlichen Familiengemeinde,
Christen, denen es niemals einfallen würde in eine verfasste Kirche einzutreten, die z. B. gleichgeschlechtliche Paare segnet...
Muss man eigentlich in die EKM eintreten, um Mitglied einer Kommunität unter dem Dach unserer Kirche zu werden?
Hier brauchten wir weite Herzen füreinander und einen geduldigen Prozess der Versöhnung, der im Grunde seit 3 Jahrzehnten bis heute andauert. Da gab es viele Tränen im Ringen um den Fortbestand unserer Gemeinschaft. Ohne externe Begleiter, geistliche Eltern und unsere Freunde hätten wir das niemals geschafft.

Seit 1998 haben wir mit dem Wiederaufbau der Kirchenruine in Metebach immer wieder mal in "unsere" Kirchen rings um den SILOAH-Hof investiert, um dort Gottesdienste feiern zu können. Kirchenheizung und WC kamen in der Rangfolge gleich nach dem Altar und den Stühlen... Besonders nach dem kompletten Umbau der Aspacher Kirche erlebten wir plötzlich einen ganz anderen Horizont, der uns bis heute herausfordert:

Die Versöhnung der unterschiedlichsten geistlichen "Stallgerüche" in der Gemeinschaft und im breiten Spektrum unserer Gästegruppen zeigt sich längst in der Gestaltung unserer sonntäglichen Gottesdienste und hat sich sogar im Bau eines großen Baptisteriums zur Taufe Erwachsener in der Kirche fest gegründet. Zu unserer Gottesdienstgemeinde gehören viele Geschwister, die gar nicht zu unserer Kirche gehören, die also weder wählbar noch wahlberechtigt, aber äußerst aktiv dabei sind. Die ordentlichen Kirchenmitglieder in den Dörfern bildeten schon seit Jahrzehnten kaum noch eine wirkliche Kirchengemeinde als eigene soziologische Gestalt. Man kann natürlich evangelisch sein, ohne wirklich Gemeinde zu leben. Vielen Menschen genügt eine "Kirche bei Bedarf" und wir sollten sie dafür nicht kritisieren!
Nun galt es aber, unseren Gemeindebegriff noch einmal in eine ganz andere Richtung weiter zu denken, nicht im Blick auf die ganz "Frommen", sondern im Gegenteil, auf die Menschen im Dorf, die gar keine Christen sind, die nicht einmal wissen, dass Gott sie geschaffen hat.

Mit der radikalen, verschwenderisch riskanten Öffnung unserer neuen Familienkirche in Aspach bei Tag und Nacht für alle und jeden inklusive WC-Nutzung machen wir überraschend gute Erfahrungen. Wir sind dankbar für die Initiative "Offene Kirchen" unserer Landeskirche einschließlich einer eigens dafür bestimmten Versicherung. Man kann unsere Kirche nicht mieten, aber jeder - egal ob Christ oder nicht - kann die Kirche nutzen, auch für private Feiern.
Wer hier seinen Geburtstag feiert, hat es ja nicht weit zum Altar und kaum jemand lehnt ab, wenn wir ihm eine kleine Andacht anbieten, egal was er oder sie glaubt oder nicht. Zur Taufe gehört das Bekenntnis, aber segnen können wir jeden, der sich dem öffnen will. Na ja, und das Taufbecken ist unübersehbar. Es ist übrigens von der Terminplanung her zuweilen spannend, z. B. wenn dann eine Beerdigung ansteht, die man ja nicht langfristig planen kann.
Aber so ist eben das Leben und genau das wollen wir haben: lebendiges Leben und weit geöffnete Türen im Hause Gottes als Mittelpunkt des Dorfes. Die Gemeinde, nicht nur die Kirchengemeinde, die Menschen in Aspach lieben ihre Kirche und hüten diesen sensiblen, schutzbedürftigen Ort, der ihnen immer offen steht. Seit dem Corona-Geschehen Mitte März 2020 haben dort Hunderte Gebetskerzen geleuchtet, die gewiss nicht nur von Christen angezündet wurden.

Ich glaube kaum, dass wir unser klassisches Bild einer Kirchengemeinde flächendeckend wiederbeleben können oder es überhaupt sollten. Vielmehr wollen wir immer mehr Gespür für das entwickeln, was lebt und das entschlossen fördern... und - Gott sei es gedankt - gilt das auch für ganz "normale" Kirchengemeinden im Lande, in denen gebetet, gesungen, gefeiert, gelacht und geweint, eben gelebt wird. Die Vielfalt der Gemeinden wird größer und wir als wohlgeordnete Institution Kirche können ihnen ein tragender Rahmen sein, auch wenn das Geld nicht mehr im Kasten klingt... weil es fortan raschelt.

Schließlich: Es ist keine Erfindung!
Gestern kam eine junge Frau aus einer unserer freikirchlichen Familien zu mir.
Sie will evangelische Theologie studieren und Pfarrerin werden.

Ihr Pfarrer Christian Schaube