Debatte über Rassismus im kirchlichen Alltag: Fachtag der EKM
Erfurt (epd). Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) strebt einen sensibleren Umgang mit Minderheiten im kirchlichen Alltag an.
Immer wieder komme es in der Interaktion zu unbewussten und unbeabsichtigten Verletzungen, erklärte Katharina Passolt, Referentin für Erwachsenenbildung im Landeskirchenamt, bei einer Fachtagung zum Thema Rassismus am Dienstag in Erfurt. Rassismus sei ein gesamtgesellschaftliches Problem - und damit auch eines der Kirche.
Nathalie Eleyth vom Institut für christliche Gesellschaftslehre der Universität Bochum bestätigte, dass alltäglicher Rassismus auch innerhalb kirchlicher Strukturen vorkomme. Immer wieder stoße sie auf entsprechende Positionen in kirchlichen Texten. Das Thema sei lange Zeit gemieden worden. Erst 2022 veröffentlichte der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ein Positionspapier gegen Rassismus. Im theologischen Studium sei eine kritische Auseinandersetzung mit dem Themenfeld bis heute nicht verpflichtend.
Eleyth kritisierte zudem den mitteldeutschen Landesbischof Friedrich Kramer für dessen Aussagen zum Dialog mit der AfD und Rechtsextremisten. Wer auch mit Menschen spreche, die ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild vertreten, ignoriere jene, die sich von solchen Positionen bedroht fühlen - und betreibe damit Alltagsrassismus. Die evangelische Haltung, niemanden auszuschließen, könne paradoxerweise dazu führen, dass sich Angehörige verfolgter Minderheiten ausgeschlossen fühlen.
Kramer betonte, es gehe darum, sichere Räume für alle zu schaffen. Die mitteldeutsche Kirche stehe hier erst am Anfang eines Prozesses. Er selbst habe auf dem Fachtag gelernt, wie seine Worte wirken könnten. Fragen an farbige Personen wie "Wo kommen Sie eigentlich her?" seien zwar freundlich gemeint, könnten aber als Mikroaggression empfunden werden.
Die EKM müsse insgesamt diverser werden, sagte Kramer. Bislang sei die mitteldeutsche Kirche eine Gemeinschaft vorwiegend weißer Personen. Offen zeigte sich der leitende Geistliche, evangelische Studierende, Theologen und Hauptamtliche aus aller Welt einzuladen, im Lande Luthers zu arbeiten. Das könne auch den Fachkräftemangel lindern. Parallel müsse sich die Landeskirche künftig wieder stärker öffentlich zum Thema Rassismus positionieren.
Oumar Diallo, Träger des Thüringer Demokratiepreises 2024, berichtete, dass er sich in Erfurt nicht immer sicher gefühlt habe. Der aus Guinea stammende Jurastudent, der heute in München lebt, engagiert sich in antirassistischen Initiativen. Er vermisse eine klare Verantwortung der Kirche für ihre Rolle im Kolonialismus. Viele Strukturen des heutigen Rassismus hätten dort ihren Ursprung.
Die Arbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus regte die Einrichtung eines Diversitätsbeirats an. Analog zu den Anlaufstellen bei Fällen sexualisierter Gewalt solle es auch für rassistische Erfahrungen feste Ansprechpartner geben.
Rund 150 Hauptamtliche aus Gemeinden sowie engagierte Ehrenamtliche nahmen an der Fachtagung teil. Sie erhielten Impulse für ihre Arbeit und wurden zur Selbstreflexion ermutigt.
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