25.10.2021
Digitalethikerin: Mehr Algorithmen fürs Gemeinwohl einsetzen

Berlin (epd). Algorithmische Systeme könnten nach Ansicht einer Digitalethikerin viel stärker für Zwecke des Gemeinwohls eingesetzt werden.

Es gebe bereits Beispiele, wie sich mithilfe von Algorithmen gesellschaftliche Probleme besser lösen ließen, sagte die Expertin Julia Gundlach dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Sonntag in Berlin. Gundlach arbeitet bei der Bertelsmann-Stiftung in der Bundeshauptstadt im Projekt „Ethik der Algorithmen“ und forscht zu deren gesellschaftlichen Risiken und Chancen, etwa bei der algorithmenbasierten Vergabe von Kitaplätzen.

Mithilfe einer bestimmten Software könne die Kitaplatzvergabe „effizienter und bestenfalls gerechter“ gestaltet werden, sagte die Forscherin. Die Kriterien dafür, welche Eltern bevorzugt einen Platz bekommen, würden gemeinsam mit den Menschen vor Ort entwickelt und in Algorithmen übersetzt. Die Software erstelle dann eine Reihenfolge für die aufzunehmenden Kinder, die Kitaleitung könne noch Änderungen vornehmen. So könne die Verteilung der Kitaplätze algorithmisch unterstützt werden. Dadurch würden die Kriterien transparenter und das System womöglich fairer, sagte Gundlach. Das System sei in einigen Gemeinden bereits erprobt worden.

Um mehr Verständnis für die technischen Systeme zu schaffen, „müssen wir sie gut erklären und partizipativ entwickeln“, sagte die Ethikerin. Wichtig seien dabei Vertrauensbildung und Informationsvermittlung. Zudem müssten die Verantwortlichen hinter der Software zu erkennen sein, sagte Gundlach: „Auch wenn sehr komplexe Systeme entwickelt und eingesetzt werden, dürfen Menschen nicht die Verantwortung für die Ergebnisse abgeben.“

Erforderlich sei auch mehr Transparenz, wo überall algorithmische Systeme eingesetzt werden, betonte die Volkswirtin. Die Bertelsmann-Stiftung habe gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation „AlgorithmWatch“ die Plattform „unding.de“ ins Leben gerufen, wo Betroffene Kritik an algorithmischen Mechanismen melden können, die an die Unternehmen weitergeleitet werde. Als Beispiel nannte sie diskriminierende Erfahrungen mit algorithmischen Systemen und Fälle, in denen eine Navigationssoftware immer wieder durch eine Spielstraße für Kinder führt.

epd-Gespräch: Christine Ulrich

epd-Nachrichten und Fotos sind urheberrechtlich geschützt. Sie dienen hier ausschließlich der persönlichen Information. Jede weitergehende Nutzung, insbesondere ihre Vervielfältigung, Veröffentlichung oder Speicherung in Datenbanken sowie jegliche gewerbliche Nutzung oder Weitergabe an Dritte ist nur mit Genehmigung der Verkaufsleitung von epd (verkauf@epd.de) gestattet.


Bleiben Sie mit unseren Newslettern auf dem Laufenden.

Hier Abonnieren

Die besten News per E-Mail - 1x pro Monat - Jederzeit kündbar