01.11.2021
Evangelische Kirche feiert Reformationstag | Bedford-Strohm: "Eigene Spaltungen überwinden"

Wittenberg/Berlin (epd). In vielen Orten Deutschlands haben Protestantinnen und Protestanten am Sonntag an die Anfänge der evangelischen Kirche vor mehr als 500 Jahren erinnert.

Kirchenvertreter betonten am Reformationstag den Wert der Freiheit und riefen dazu auf, Spaltungen zu überwinden - auch innerhalb der eigenen Reihen.

„Keiner glaubt uns unsere Glaubensbotschaft, wenn wir die Liebe, die mit ihr untrennbar verbunden ist, nicht selbst ausstrahlen“, predigte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in der Schlosskirche zu Wittenberg laut Redemanuskript. „Keiner hört unsere Appelle an die Welt, die Spaltungen zu überwinden, wenn wir als christliche Kirchen nicht unsere eigenen Spaltungen überwinden“, fügte er hinzu.

In seiner Predigt wandte sich der EKD-Ratsvorsitzende gegen Mutlosigkeit in der Kirche: „Warum leben wir bei einer Zahl von über 40 Millionen Kirchenmitgliedern (...) immer wieder in dem Gefühl, dass wir als Kirche kurz vor dem Aussterben sind?“, fragte er in Wittenberg, wo der Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) seine Thesen gegen den Ablasshandel der Kirche veröffentlicht hatte. Zugleich erinnerte Bedford-Strohm an den universellen Wert der Freiheit. Dies sei umso bedeutsamer, als die Corona-Pandemie wie kaum ein anderes Ereignis der jüngeren Vergangenheit Grenzen aufgezeigt habe.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, bezog sich in seiner Predigt zum Reformationstag in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf Luthers Freiheitsbegriff. Ihm sei es um „Freiheit von der Vormundschaft einer kirchlichen Macht“ gegangen, die die Menschen in Angst und Unselbständigkeit gehalten habe. Deshalb habe es die Bibel auf Deutsch gebraucht, damit jeder und jede sie lesen und sich sein Urteil selbst bilden konnte. Stäblein betonte: „Was an Freiheit für mich gilt, muss an Freiheit auch für andere gelten.“ Im Prinzip stünden die reformatorischen Entdeckungen damit zentral am Beginn des Weges zur Religionsfreiheit.

Der Berliner Bischof nutzte auch den traditionellen Empfang der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zum Reformationstag zu einem entschiedenen Appell für Religionsfreiheit und Toleranz. Er fand diesmal im Festjahr zu 1.700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland am Potsdamer Rabbinerseminar Abraham-Geiger-Kolleg statt. Dabei betonte der Bischof, die Kirche dürfe nie mehr „in falsche Gegensätze zu den jüdischen Geschwistern geraten“.

Um an die Übersetzung des Neuen Testaments zu erinnern, startete in Thüringen am Sonntag ein touristisches Themenjahr. Dabei betonte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Bedeutung der Übersetzung: „Luther legte das Fundament der deutschen Schriftsprache.“

Am Reformationstag erinnern Protestanten in aller Welt an die Anfänge der evangelischen Kirche vor rund 500 Jahren. Die von Martin Luther um den 31. Oktober 1517 von Wittenberg aus verbreiteten 95 Thesen gegen kirchliche Missstände wurden zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung.

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