11.11.2019
"Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeiten": Sachsen-Anhalt und Niedersachsen feiern 30 Jahre Grenzöffnung

Marienborn (epd). Mit einer gemeinsamen Festveranstaltung der Länder Sachsen-Anhalt und Niedersachsen ist am Samstag in Marienborn der 30. Jahrestag von Grenzöffnung und Mauerfall in der DDR gefeiert worden. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erinnerte an das "Wunder der friedlichen, unblutigen Revolution. Was für ein Glück."

Dass sich nach dem Freudenrausch über die Jahre Ernüchterung eingestellt habe, sei aus heutiger Sicht nicht überraschend. Sie warnte aber mit Blick auf die Wahlerfolge populistischer Parteien vor Demokratieverächtern und einer gesellschaftlichen Spaltung.

Grütters betonte: "Demokratie ist nicht nur ein Geschenk, sie ist eine Errungenschaft, die wir immer wieder verteidigen müssen". Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte: "Freiheit und Demokratie sind keine Selbstverständlichkeiten." Dies dürfe nicht in Vergessenheit geraten. Die Demokratie sei "eine große zivilisatorische Errungenschaft der Geschichte". Zudem hob er die Bedeutung der Gedenkstättenarbeit hervor. "Wir brauchen authentische Erinnerungsorte." Er sagte: "Marienborn lässt niemanden gleichgültig zurück."

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weill (SPD) nannte die Deutsche Einheit ein "bis heute ein nahezu unfassbares Wunder." Es dürfe nicht kleingeredet werden, welche Fortschritte in beiden Teilen Deutschlands erreicht wurden. Die sichtbaren Zeichen der Teilung seien überwunden, aber er beobachtete eine neue Distanz.

Haseloff erinnerte auch an den 9. November 1939, als Synagogen in ganz Deutschland zerstört wurden. Er sagte, der rechtsextremistische Anschlag in Halle vom 9. Oktober 2019 sei immer noch unfassbar und werde ihm "bis zum Lebensende in den Knochen hängen bleiben". Die Antwort könne nur lauten, Zeichen für jüdisches Leben zu setzen. Er verwies darauf, dass in Magdeburg und Dessau-Roßlau neue Synagogen gebaut würden. Erst am Tag zuvor war die symbolische Grundsteinlegung in Dessau-Roßlau erfolgt.

Vor dem Festakt erinnerten die leitenden Geistlichen der katholischen und evangelischen Kirchen in den Ländern in einem Ökumenischen Gottesdienst an die Ereignisse vor 30 Jahren. Der Bischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), Friedrich Kramer, und der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Christoph Meyns, berichteten in einer Dialogpredigt von ihren persönlichen Erinnerungen an dieses historische Datum. Kramer sprach von einem Tag der Freude. An dem "Wahnsinn vor 30 Jahren" müsse man sich auch heute noch freuen, sagte er.

Der EKM-Bischof sagte, damals seien sich die Menschen völlig freundlich begegnet. Diese Freundlichkeit gegenüber Fremden sei in den vergangenen Jahren abhanden gekommen, bedauerte Kramer. Dabei stecke darin auch Kraft und Heil. Es sei wichtig miteinander zu sprechen und nicht auszugrenzen, mahnte Kramer. Meyns sagte, das Braunschweiger Land sei durch die Teilung auch "wie ein Blinddarm abgeschnitten" gewesen.

Die Grenzübergangsstelle Marienborn war die größte und bedeutendste an der innerdeutschen Grenze außerhalb Berlins. Rund 1.000 Bedienstete versahen auf dem 35 Hektar großen Areal zu DDR-Zeiten ihren Dienst. 1996 wurde die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn eingerichtet.

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Festgottesdienst Marienborn  Foto: Staatskanzlei/ Peter Gercke

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