20.08.2020
Helfer auf "Sea-Watch 4": Europa kriminalisiert Seenotretter

An Bord der "Sea-Watch 4" (epd). Der Seenotretter Arnaud Banos kritisiert die Kriminalisierung privater Seenotretter durch Europa. "Wenn wir nicht hier sind, ist es niemand."

"Ohne uns würden noch mehr Menschen sterben", sagte der 47-jährige Franzose dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf dem Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 4", das am vergangenen Wochenende zu seinem ersten Einsatz im Mittelmeer aufgebrochen ist. Das überwiegend aus kirchlichen Mitteln finanzierte Schiff ist auf dem Weg in die Such- und Rettungszone vor Libyen. Ursprünglich sollte die "Sea-Watch 4" bereits im April auslaufen. Der Start verzögerte sich jedoch wegen der Corona-Pandemie.

Banos ist sogenannter Cultural Mediator auf der "Sea-Watch 4". Bei den Rettungseinsätzen nähere sich die Crew mit zwei Schnellbooten den Schiffsbrüchigen, erläuterte er. "Ich stehe vorne und bin der erste, der mit den Menschen in Seenot spricht." Das sei wichtig, damit sie nicht in Panik gerieten und die Rettung möglichst ruhig und koordiniert ablaufe. "Ich verteile die Rettungswesten. Mit den Schnellbooten bringen wir die Menschen dann auf die 'Sea-Watch 4'."

Das Entscheidende sei, Zuversicht und Vertrauen auszustrahlen. "Wenn ich gestresst bin, werden es alle sein. Also muss ich derjenige sein, der gelassen bleibt - egal was passiert", sagte Banos. "Alles muss unter Kontrolle bleiben. Und wenn wir die Kontrolle verlieren, sollten wir das nicht zeigen."

Selbst wenn die besten Bedingungen gegeben seien, könnten sehr schwierige und gefährliche Situationen auftreten. Die Menschen würden von den Rettern von einfachen Plastik- oder Holzbooten auf Schnellboote und von dort auf das Schiff gebracht. "Sie können dabei ins Wasser fallen, manche können nicht schwimmen", sagte er. "Und wir reden hier ja nicht von einer Person, sondern von teils bis zu 60 Menschen, die wir aufnehmen." Wenn die Retter kämen und zu schnell anführen, könne Panik ausbrechen.

Als Seenotretter Menschenleben zu retten, mache ihn glücklich, aber er sei auch sehr müde, sagte Banos. "Ich bin mittendrin, ich weiß, was wirklich passiert und höre nicht nur davon. Ich sehe, wenn die Menschen in Seenot leiden, ich sehe, dass sie Hilfe brauchen, ich sehe die institutionelle Gewalt, der sie ausgesetzt sind."

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