10.03.2022
Immer weniger Protestanten: Evangelische Kirche verliert 2021 mehr als halbe Million Mitglieder

Hannover (epd). Die evangelische Kirche in Deutschland hat im vergangenen Jahr mehr als eine halbe Million Mitglieder verloren.

Grund für den Mitgliederschwund von 511.000 Protestanten sei die im Corona-Jahr 2021 erhöhte Zahl der Sterbefälle von 360.000 sowie die hohe Zahl der 280.000 Kirchenaustritte, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Mittwoch in Hannover mitteilte.

Nach den vorläufigen Zahlen aus den EKD-Mitgliedskirchen gehörten zum Stichtag 31.12.2021 insgesamt 19,7 Millionen Deutsche (23,7 Prozent) einer der 20 evangelischen Landeskirchen an. Das sind 2,5 Prozent weniger als im vergangenen Jahr.

Die Zahl der evangelischen Kirchenaustritte stieg im Vergleich zum Pandemiejahr 2020 um 60.000. Damit lag die Austrittsrate bei rund 1,4 Prozent. Taufen und Kirchenübertritte konnten den Mitgliederschwund nicht aufhalten. Die Zahl der evangelischen Taufen habe sich mit 115.000 gegenüber 2020 zwar deutlich erhöht, erreiche bislang aber nicht das Niveau vor der Corona-Krise. Die Aufnahmen blieben mit rund 18.000 ungefähr auf dem Vorjahresniveau.

Hält auch der bisherige Trend des Mitgliederrückgangs in der katholischen Kirche an, könnte erstmals der Anteil der evangelischen und katholischen Christen an der Gesamtbevölkerung in Deutschland unter die 50-Prozent-Marke sinken. Die katholische Kirche veröffentlicht ihre Mitgliederstatistik Ende Juni dieses Jahres, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Rande der Frühjahresvollversammlung der deutschen Bischöfe im bayerischen Vierzehnheiligen.

Unterdessen sucht die EKD nach den Ursachen für den Mitgliederschwund. Ärger über einen Pfarrer oder ein anderer konkreter Anlass treibt nach Angaben des evangelischen Sozialwissenschaftlichen Instituts (SI) nur wenige Menschen aus der Kirche. Zwar sei davon auszugehen, dass konkrete Anlässe wie die kirchlichen Skandale zur sexualisierten Gewalt an Kindern und die Verschwendung finanzieller Mittel zur Austrittsspitze 2019 beigetragen haben, „insbesondere bei den vormals Katholischen“, erklärte die Soziologin und Autorin einer Studie, Petra-Angela Ahrens, am Mittwoch in Hannover.

In erster Linie vollziehe sich der Austritt jedoch als Prozess, der häufig schon mit einer fehlenden religiösen Sozialisation beginne und mit wenig Interesse an Religion und Kirche einhergehe. Auch die Ersparnis der Kirchensteuer spiele eine Rolle, bilanzierte die Soziologin Ahrens in ihrer neuen Untersuchung.

Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus sagte, zwar hänge „die Ausstrahlkraft einer Kirche nicht allein an der Zahl der Mitglieder, die ihr formal angehören, trotzdem werden wir sinkende Mitgliederzahlen und anhaltend hohe Austrittszahlen nicht als gottgegeben hinnehmen, sondern dort, wo es möglich ist, entschieden gegensteuern“.

Für die bundesweite Studie durch das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD wurden den Angaben zufolge insgesamt 1.500 Personen befragt, die aus der evangelischen oder katholischen Kirche ausgetreten sind. 1.000 Befragte waren seit 2018 ausgetreten, 500 Befragte vor dem Jahr 2018.

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