06.03.2022
Angedacht: Glockenklang

Zweimal am Tag läutet unsere Glocke. Um Zwölf, um sechs. Und sonntags. Ehrlich gesagt, sie klingt gar nicht so dolle. Kein Vergleich zu den einzigartigen mittelalterlichen Glocken anderswo. Dass es so ist, hat mit einem Krieg zu tun.

Gegossen wurde unsere Glocke nach dem Dreißigjährigen Krieg. Mühsam hatten die Gießer hierzulande da gerade erst wieder gelernt, wie das überhaupt geht: Glocken gießen. In den Kriegsjahren hatten ihre Väter statt Glocken nämlich Kanonen herstellen müssen. Mit ihren Kanonen blieben sie dann auf den Schlachtfeldern. Und binnen anderthalb Generationen war sie dahin – die in Jahrhunderten gewachsene Glockengießerkunst.

Über den Reichtum heißt es: Eine Generation baut auf, die nächste genießt, die dritte verfrühstückt, was noch da ist, und die vierte muss neu anfangen. So war das mit dem Glockengießen auch. Manchmal denke ich mir, mit dem Frieden ist es auch so. Eine Generation fällt auf die Nase, die nächste rappelt sich auf, die dritte erinnert sich noch dunkel an die Schrecken der Urgroßeltern, und die vierte schmilzt die Glocken ein, gießt wieder Kanonen und will in den Krieg ziehen. Gott bewahre. Und du, Glocke, mahne.

Glocken rufen zum Gebet. Vielleicht hören Sie heute Mittag die Glocke Ihrer Kirche läuten. Dann halten Sie kurz inne, wo auch immer Sie sind. Bitten Sie um Frieden. Wir tun das hier auch, wenn unsere Glocke nicht besonders klangvoll, aber tapfer ruft.

Friede sei mit Dir, wünscht Conrad Krannich aus der Wallonerkirche in Magdeburg


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