12.04.2022
Russischer Bischof Brauer: „Wir erleben die Erpressung der Religion“

Dresden (epd). Der russische lutherische Erzbischof Dietrich Brauer ermutigt seine Gemeinden in Russland, trotz staatlichem Druck für ihre Überzeugungen einzustehen.

„Wir erleben die Erpressung der Religion. Wir sollten aber die Wahrheit des Evangeliums nicht preisgeben, denn dann haben wir keine Zukunft“, sagte Brauer in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der sächsischen Landessynode in Dresden. Der Krieg in der Ukraine dürfe weder verschwiegen noch hingenommen werden. Kirche könne nur für die Wahrheit stehen, sonst gebe sie sich auf.

Brauer zufolge feiern die meisten Gemeinden in der Ukraine und in Russland weiter Gottesdienste. Doch gebe es seit Beginn des Krieges Druck und Erpressung von staatlicher Seite: „Leitende Geistliche und Persönlichkeiten im öffentlichen und kirchlichen Bereich sollen sich äußern und positionieren.“ Wer nicht für die Ukraine-Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin plädiere, müsse mit Konsequenzen rechnen.

Brauer war im März mit seiner Familie nach Deutschland geflüchtet. Dabei war er einer Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gefolgt. „Es war eine schwierige Entscheidung, ob wir das Land verlassen, aber wir hatten auch keine Zeit zu überlegen“, sagte das geistliche Oberhaupt von 40.000 Protestanten in Russland.

Der 39-jährige Russlanddeutsche sagte weiter, „wir müssen damit rechnen, dass ein Großteil der Russinnen und Russen zu diesem Krieg steht oder aber gleichgültig bleibt und schweigt.“ Das sei schwer zu verstehen und auch schwer zu ertragen.

Seine Hoffnung und Erwartung sei gewesen, dass viele religiöse Organisationen sich zusammentun und zu einem gemeinsamen Statement kommen. Das sei nicht passiert. Stattdessen habe die russisch-orthodoxe Kirche mehrfach für die „Spezialoperation“, wie der Kreml den Krieg nennt, plädiert.

Brauer ist seit 2014 Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland mit Sitz in St. Petersburg.

epd-Gespräch: Katharina Rögner

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