16.03.2022
VELKD: Kirchen stehen in der Pflicht, mit einer Stimme für Frieden und Versöhnung zu sprechen

Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Ralf Meister, und der Leitende Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen, Bischof Jerzy Samiec, äußern sich gemeinsam zur Verantwortung der Kirchen im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Ihre Stellungnahme veröffentlichen sie im Anschluss an die digitale Klausurtagung der Bischofskonferenz der VELKD, die vom 13. bis 15. März 2022 mit Vertreterinnen und Vertretern der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen getagt hat. Die Bischöfe äußern sich wie folgt:   

„Der durch nichts berechtigte Angriff Russlands auf die Ukraine ist eine Tragödie und eine klare Verletzung des Völkerrechts. Gott ist ein Freund des Lebens und widersteht dem Bösen, das sich im menschlichen Handeln zeigt.
Wir sehen die Kirchen in Europa und weltweit in der Pflicht, über ihre konfessionellen und regionalen Unterschiede hinweg mit einer Stimme zu sprechen und so ihren Beitrag für Frieden und Versöhnung zu leisten. Darin besteht der unschätzbare Wert der über Jahrzehnte gewachsenen ökumenischen Beziehungen. Menschenverachtende Positionen oder solche, die die Gewalt fördern oder sie religiös verklären, anstatt sie zu beenden, missachten den Kern des christlichen Glaubens und stehen gegen das Evangelium. Sie sind nicht zuletzt auch ein Schaden für die Ökumene. 

In den totalitären Systemen des 20. Jahrhunderts – im Nationalsozialismus, Kommunismus, im Apartheid-System – hat die Kirche zu oft geschwiegen oder sich mit der theologischen Rechtfertigung von Gewalt, Krieg und Verfolgung auf die Seite des Bösen gestellt. Wir sind überzeugt, dass die religiöse Rechtfertigung eines Krieges falsch ist. Deshalb appellieren wir an das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, er möge auf die Stimmen seiner Kirche hören, die sich für Versöhnung einsetzen, und entschlossen Frieden und Liebe säen, die höher sind als menschliche Machtträume.

Wir sind dankbar für die überwältigende Solidarität und Unterstützung, die die Menschen aus der Ukraine erfahren – in Polen, dem Land, das bisher die meisten Geflüchteten aufgenommen hat, in Deutschland und anderen Ländern Osteuropas. Wir appellieren an die politisch Verantwortlichen, in ihrem Bemühen um diplomatische Lösungen nicht nachzulassen. Der Gewalteskalation darf nicht mit weiteren Eskalationen begegnet werden. Das Handeln aller, die in Politik, Wirtschaft und in den Kirchen Verantwortung tragen, muss darauf zielen, Frieden, dauerhafte Stabilität und Sicherheit wieder herzustellen und weiteres Leid und sinnlose Gewalt zu vermeiden.

Mit den Menschen in der Ukraine, in Polen und in den Anrainerstaaten und den Menschen in Russland, die sich mutig gegen den Krieg stellen, sind wir im Gebet verbunden. Wir bringen unsere Klage und unsere Bitten vor Gott und vertrauen auf seine Treue: ‚Der Herr ist treu; der wird euch stärken und bewahren vor dem Bösen.‘ (2. Thessalonicher 3,3).“ 


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