15.03.2022
Forscherinnen für noch mehr Besonnenheit in Ukraine-Berichterstattung

Berlin (epd). Kommunikationswissenschaftlerinnen der Freien Universität Berlin haben Medienschaffende zu noch mehr Besonnenheit in der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg aufgerufen. 

Eine Berichterstattung im Krieg und über die Konfliktparteien erfordere ein überaus hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein, erklärten Anna Litvinenko, Expertin für osteuropäische und russische Medien, Margreth Lünenborg, Professorin für Journalistik, und Carola Richter, Professorin für Internationale Kommunikation, am Montag in Berlin.

Dieser Anforderung würden Medienschaffende in Deutschland überwiegend gerecht, doch gebe es auch Unachtsamkeiten in der Berichterstattung. So sehe man zunehmend die Gefahr, dass ein antirussisches Feindbild die Berichterstattung präge, über das pauschal alle Russinnen und Russen verunglimpft würden. Individuen dürften jedoch nicht für Staatshandlungen verantwortlich gemacht werden.

Vermieden werden sollte nach Einschätzung von Richter zudem ein von Kriegsrhetorik geprägter „Waffenjournalismus“, bei dem militärstrategische Überlegungen, Heldenstilisierung und der Fokus auf Gewinnen oder Verlieren im Vordergrund stünden. Stattdessen sollten die Suche nach diplomatischen Lösungen und die negativen Auswirkungen des Krieges für die Zivilgesellschaft in beiden Ländern in den Fokus rücken. Auch hier gebe es Defizite in der Berichterstattung.

Die Forscherinnen rieten, neben der Berichterstattung zu den aktuellen Ereignissen in stärkerem Maße historische und geopolitische Entwicklungen und Kontexte aufzuzeigen. Diese erleichterten es dem Publikum, die aktuelle Situation zu verstehen. Eine Auseinandersetzung mit der Auflösung des Warschauer Pakts und der Nato-Osterweiterung rechtfertige nicht Verständnis für den Angriff auf die Ukraine, doch werde das Wissen über die geopolitischen Entwicklungen in der Region erweitert. Dies sei notwendig, um politische Reaktionen und Strategien der Länder zugunsten von Friedensmaßnahmen einordnen zu können.


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