07.03.2024
EU-Wahlen: Die aktuellen Herausforderungen verlangen Verantwortung und Hoffnung

Vom 6. bis 9. Juni 2024 finden die zehnten Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Die Bürgerinnen und Bürger der EU-Mitgliedsstaaten können ihre Stimme für das weltweit einzige direkt gewählte Parlament, das die Geschicke vieler Länder lenkt, abgeben.

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa möchte ihre Stimme erheben und ermutigt jede und jeden, an den Europawahlen teilzunehmen und konstruktiv an der Gestaltung der Europäischen Demokratie mitzuwirken. Eine verbesserte Wahlbeteiligung wäre ein gutes Signal für Europas Zukunft.

Europa Hoffnung bringen                                                          

Durch die Teilnahme an der Europawahl kann jede und jeder einzelne Verantwortung für ein demo­kratisches Europa übernehmen und damit Hoffnung verbreiten. Wir unterstützen Politikerinnen und Politiker sowie alle Menschen in der Zivilgesellschaft, die sich für die EU als Werte- und Solidar­gemeinschaft engagieren. Gemeinsam stehen wir für ein vielfältiges, nachhaltiges und soziales Europa ein.

Die gegenwärtige Situation in Europa mit wachsendem Populismus und Polarisation in den Gesellschaften beunruhigt uns zutiefst. Auch über die Wahlen hinaus wollen wir uns gegen alle Formen von Extremismus, Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus stark machen. Interessensausgleich, Teilhabe und ein friedliches Zusammenleben über Grenzen hinweg liegen uns am Herzen.

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa bereitet sich derzeit auf ihre Vollversammlung in Hermannstadt/Sibiu/Nagyszeben, Rumänien vor. Kirchen verschiedener Größe bilden eine viel­fäl­tige Gemeinschaft von 96 Mitgliedskirchen, die Osten und Westen, Norden und Süden quer durch Euro­pa verbindet. Wir machen die Erfahrung, dass wir durch Diskussion, Auseinandersetzung mit dem jeweils Anderen und durch die ge­meinsame Suche nach Kompromissen gemeinsam wachsen. In Anlehnung an den Brief an die Epheser lautet das Thema der Vollversammlung „Im Licht Christi – berufen zur Hoffnung“. Wir wollen Europa die Hoffnung bringen, die aus diesen Erfahrungen erwächst, um unser Miteinander-Leben zu ver­bessern.

Europäische Herausforderungen brauchen europäische Lösungen

Diese Europawahlen haben eine herausragende Bedeutung für die Zukunft Europas. Die EU gründet nicht nur auf gegenseitigen wirtschaftlichen Vorteilen und einem gemeinsamen Markt, sondern auch auf der Bereitschaft, Unterstützung und gegenseitige Solidarität in Krisenzeiten zu leisten. In diesem Europa­wahljahr machen wir uns viele Herausforderungen bewusst wie den Klimawandel, Krieg, Migration, soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Rezession. All diese Herausforderungen machen nicht an nationalen Grenzen Halt, sondern haben eine globale Dimension. Lösungen auf europäischer Ebene sind nötiger denn je.

Gesamteuropäische Anstrengungen sind nötig, um die Herausforderungen des menschen­gemachten Klimawandels zu bewältigen und einen gerechten Übergang zu einer klima­neutralen Gesellschaft in der EU zu bewerkstelligen.

Der Kampf für soziale Gerechtigkeit in der EU durch die Harmonisierung von Sozialstandards und eine umfassende Kohäsionspolitik muss fortgesetzt werden.

Weltweit sind laut Angaben des UNHCR ungefähr 110 Millionen Menschen auf der Flucht. Eine Asyl- und Migrationspolitik auf der Grundlage von Solidarität und hohen Schutz- und Aufnahmestandards kann eine Antwort auf die aktuellen Migrationsbewegungen sein.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verlangt nach einer gemeinsamen europäischen Antwort sowie humanitärer, militärischer und finanzieller Unterstützung.

Die EU muss die Herausforderungen von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz ernst nehmen. Ein Dialog unter Berücksichtigung des christlichen Menschenbildes sowie risikobasierter Gesetzgebung könnte zielführend sein.

Die politische Polarisierung schreitet voran, oftmals in Gestalt von antieuropäischem oder antidemokratischem Populismus. Die europäischen Institutionen sind gefordert, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stärken.

Kandidierende sind daran zu messen, inwieweit sie zu konstruktiven europäischen Lösungen beitragen. Eine Rückkehr zu Nationalismus wird nicht dazu beitragen, den gegenwärtigen Herausforderungen nachhaltig zu begegnen.

Verantwortung für Europa als Friedensprojekt übernehmen

Als Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa sind wir dankbar dafür, dass die Feindschaften des Ersten und Zweiten Weltkriegs überwunden wurden. Unsere Gemeinschaft wurde 1973 unter der Formel der ‘versöhnten Verschiedenheit‘ gegründet. Seither haben wir unsere Kirchengemeinschaft vertieft und somit die Einheit gefördert. Auf diese Weise dienen wir auch der Gesellschaft. Gemeinsam denken wir über die Herausforderungen für die Gesellschaft und über unseren Auftrag nach, so wie wir es während der Covid-19-Pandemie getan haben.

Wir wollen weiterhin Verantwortung für Europa als Friedensprojekt übernehmen und es aktiv durch unsere Tätigkeiten und Initiativen zu gestalten helfen. Christinnen und Christen sind angehalten, Gott und ihren Nächsten zu lieben. In unserer Gottes- und Nächstenliebe sind wir auch aufgerufen, von dieser Liebe Zeugnis zu geben, wenn wir die politische Landschaft betrachten und wenn wir unsere Stimme abgeben. Wir ermuntern unsere Mitgliedskirchen in ganz Europa, Orte für Meinungsbildung und für Begegnungen mit Politikerinnen und Politikern zu schaffen.

Die diesjährigen Europawahlen werden eine Richtungswahl sein. Gelebte Nächstenliebe heißt deshalb in diesem Wahljahr auch, unserem Gegenüber in freundlicher Weise zu begegnen und eine faire Auseinandersetzung um Europas Zukunft zu suchen. Wir können miteinander streiten, aber nicht in einer Weise, die zu öffentlicher Polarisierung führt. Mit dieser Einstellung wollen wir zu einem friedlichen und respektvollen Diskurs in Europa beitragen. Wir erwarten diese Haltung auch von allen, die politische Verantwortung übernehmen. Als Europäerinnen und Europäer haben wir in diesem Juni die Möglichkeit, Politikerinnen und Politiker mit dieser Einstellung zu wählen. Nutzen wir diese Gelegenheit nun, wenn Europa ein neues Kapitel seiner Geschichte aufschlägt.

Der Rat der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa

Reutlingen/Wien, Februar 2024


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