16.06.2020
vorsichtig voran!

So langsam kommt wieder Leben auf. Schulen und Kitas öffnen wieder, Restaurantbesuche werden möglich und auch Gottesdienste sind zumindest eingeschränkt möglich. Wir gehen hoffnungsvoll voran. Aber auch vorsichtig, um keine zweite Welle zu provozieren.

Die aktuellen Lockerungen machen Mut, dass bald ein gewisser Alltag wiederkehren kann. Spontan doch noch einen Sommerurlaub planen oder zumindest im Großfamilienstreß etwas aufatmen oder der Single-Einsamkeit entfliehen. Das soziale Leben kehrt zurück auf die Straße. Dabei ist jetzt aber Vorsicht geboten. Zu schnelle Lockerungen und zu lachse Sicherheitskonzepte können schnell dazu führen, dass die Pandemie zurückkehrt und wir wieder zurückrudern müssen. Also lieber vorsichtig voran gehen und mit Bedacht rausfinden, wie weit wir uns öffnen können.

Wie wichtig Händewaschen, Abstand halten und ein Gesichtsschutz in der Öffentlichkeit sind, haben wir mittlerweile verstanden. Die aktuelle Corona-Warn-App soll dabei helfen, Infektionsketten schneller zu erkennen und zu brechen. Damit jeder Infizierte möglichst wenige andere ansteckt. Denn mit den Lockerungen steigt die Eigenverantwortung. Freiwillig auf etwas verzichten, was gesetzlich nicht verboten ist, scheint dabei aber deutlich schwerer zu sein. Schließlich kann man sich nicht hinter Regeln verstecken, sondern entscheidet selber, weiterhin keine Hände zu schütteln, große Menschenansammlungen zu meiden oder die freiwillige App zu installieren. Als Christen sind wir es gewohnt, solidarisch zu sein und zum Wohle der Schwachen zurück zu stecken. Jetzt zeigt sich, ob wir wirklich an die Menschen denken, zu deren Wohl wir bisher Gottesdienste und Gemeindeveranstaltungen eingeschränkt haben. Fordern wir schnell unser Recht auf das alte Gemeindeleben ein? Oder schaffen wir es, weiterhin lieber etwas vorsichtiger voran zu gehen, um Menschen aus Risikogruppen nicht unnötig in Gefahr zu bringen?

Und es ist noch etwas anderes: Viele wollen möglichst schnell das frühere Normal wiederherstellen. Aber wenn der Pfingst-Geist uns treibt, bleibt nichts automatisch, wie es mal war. Viel Neues ist in den letzten Wochen entstanden. Seien es digitale Gottesfienstformate, Online-Andachten oder Impulse, die Menschen auf kreativen Wegen erreicht haben. Vom Kirchtürzettel über QR-Code, Anrufbeantworter, Messenger, Videostream, Zoom-Konferenz bis zu digitalen 360°-Welten. Hunderte kreative Formate sind entstanden. Haupt- und Ehrenamtliche haben Erfahrungen gesammelt und gelernt, was möglich ist. Das ging, weil es musste und nicht alles war perfekt. Aber vieles ist besser geworden und kann auch weiterhin besser werden und sich etablieren. Denn viele Gemeinden haben online viel mehr und ganz andere Menschen erreicht als traditionell in der Kirche. Da wäre es doch schade, diese neu interessierten wieder zu ignorieren, weil man "das Alte" wieder abspulen kann. Wie wäre es, zumindest einmal im Monat ein besonderes Online-Format zu halten? Oder mit Nachbargemeinden ein Team zu bilden, dass jede Woche aus einer Kirche streamt. Für die, die nicht in eine Kirche kommen können oder zu anderen Zeiten den Gottesdienst erleben wollen. Gottesdienst "on demand" wird immer wichtiger werden.

Es wäre schön, wenn wir in der Kirche feiern würden, was wir durch die Krise lernen durften, statt zu bemängeln, was eine Zeit lang nicht möglich war. Kirche ist ja nicht ausgefallen, sondern fand nur in anderer Form statt. Wie sich Gemeindeleben schon seit Jahrhunderten beständig wandelt und an neue Möglichkeiten anpasst. Ob aus Pinoiergeist oder aus Rücksicht auf Schwache ist dann gar nicht so entscheident. Wichtig ist, dass wir wohlwollend miteinander unterwegs sind. Die Menschen, die gerne in Kirchen sitzen und dort Gottesdienste feiern und die Menschen, die durch die neuen Formen angesprochen werden. Digitale und analoge Angebote ergänzen sich, Gott lässt sich auf vielerlei Wegen von ganz unterschiedlichen Leuten finden. Wir sollten ihm dabei möglichst wenig im Weg stehen, sondern gemeinsam mit seinem Geist die Kirche der Zukunft bauen.

Karsten Kopjar, EKM Social-Media-Koordinator

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