18.05.2023
Predigt zu Himmelfahrt, Regionalbischöfin Dr. Friederike Spengler

18.05.23, Schlosspark Kromsdorf/Weimar, zu Lk 24, 50-53

Gnade sei mit euch…

Liebe Gemeinde,
„mit quietschender Kurbel und scheppernder Kette wurde dann die große, hölzerne Jesusfigur in der Kirche hochgezogen.“, erzählt mir eine Frau bei einem Gemeindebesuch. „Wir standen als Kinder daneben, mit offenem Mund. Dann verschwand Jesus in der Luke der Kirchendecke. Ich sah nur noch seine Fußsohlen. Dort oben, dachte ich, dort oben auf dem Kirchenboden muss der liebe Gott wohnen. Und Jesus ist jetzt bei ihm.“

Ob in Süddeutschland oder im brandenburgischen Jüterbog: die mittelalterliche Tradition einer nachgestellten „Himmelfahrt Christi“ gibt es noch. Erlebt habe ich sie bisher nie. Wir kennen wohl eher Darstellungen in Bildern oder geschnitzten Figuren, die genau diese Szene aufnehmen. Mit dem, was Lukas uns mit seinem Evangelium sagen will, hat das allerdings, so meine ich, nur sehr am Rande zu tun.

Wir hören hin: Der Evangelist schreibt im 24. Kapitel:
50 Und Jesus führte seine Jünger hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. 52 Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude 53 und waren allezeit im Tempel und segneten Gott.

Drei mal das Wort „Segnen“ in vier Sätzen. Darum geht es also: Ums Segnen. Um Gesegnet werden und Segnen. Jesus geht im Segen und hinterlässt seinen Segen. Und die Gesegnete segnen ihrerseits.

Die Segensgeschichte beginnt schon mit der Schöpfung. Wir erinnern uns an den Anfang der Bibel: Seit es die Erde gibt, segnet Gott das Leben, Blühen und Gedeihen, das Entstehen und Vergehen. Kein Tag vergeht, ohne dass Gott nicht seinen Segen dazugibt. Ohne ihn kein Sonnenaufgang und kein Tau auf dem Grashalm, keine Sumpfdotterblume und kein Mohn. Kein Mauersegler und kein Sperling, kein Zitronenfalter und kein Hundetier. Kein Kind, nicht ein Mensch, ohne dass Gott seinen Segen dazugibt. Und selbst, wenn es andere so nicht für sich glauben: Ohne Gottes Segen wären wir nicht.

Dann stattet Gott seinen Segen mit Hand und Fuß aus. Maria weiß als Erste davon, schließlich ist sie seine Mutter. Und bereits vor der Geburt wird Jesus gesegnet. Lukas erzählt uns davon in der Geschichte von der Begegnung zwischen Maria und Elisabeth. „Und Elisabeth rief laut und sprach (zu Maria): Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes“ (Lk 1,42) Wen wundert es also, dass dieser Jesus sein ganzes Leben lang segnet?

Und dann ist es an uns: Wir sollen dem Segen Gottes trauen. Und wir sollen segnen.
Wie kann das gehen, Jesus?

„Geht in die aktuellen Wirklichkeiten und Möglichkeiten“, sagt Jesus. „Schaut hin. Und dann verlockt Menschen dazu, sich von Gott lieben zu lassen.  Verlockt sie in die herrliche Freiheit der Kinder Gottes. Baut mit ihnen an ihren Träumen, lacht mit den Lachenden und weint mit jenen, denen nur noch zum Heulen zumute ist. Stellt euch neben sie, haltet euch im Aushalten gegenseitig. Verlockt zur Dankbarkeit. Macht die Leute aufmerksam auf die Schönheit der Welt, deren Pracht einem den Atem verschlägt.“
„Das ist meine Mission“, sagt Jesus weiter: „Vergebt Freund und Feind so überzeugend, dass jeder seine Fehler einsehen und dafür einstehen kann. Tauft gegen den Tod. Malt allen trotzig und tröstlich die Auferstehung vor Augen. Denn ich lebe, und ihr sollt auch leben. Ich sende euch in diese Zeit hinein, in die verschiedenen Lebenssituationen, in den Lärm und in die Einsamkeit. Seid meine Zeugen: auffällig, wenn nötig, oder ganz unauffällig. Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. Aber niemals Wölfe.“

„Ja, Herr“, so antworten wir vielleicht. „aber wir brauchen dazu deine Hilfe. Dort, wo wir unseren Glauben wie eine Jesusfigur auf den Dachboden hieven. Du kennst uns doch, der Zweifel holt uns schnell ein. Hilf uns, wenn wir uns nicht trauen, von dir zu erzählen. Wir haben auch Angst, für `von Gestern` gehalten zu werden...“
Und Jesus sagt: „Ich helfe euch. Auch im Umgang mit euerm Zweifel. Ich bin nicht weg. Niemals. Auch nicht am Himmelfahrtstag. Sicher, als Mensch aus Fleisch und Blut bin ich nicht mehr unter euch. Aber meine Gegenwart, meine Kraft, die bleibt, bleibt alle Tage.  Ich werde da sein in Momenten der Angst und in Augenblicken der Dankbarkeit, dann, wenn etwas gelungen ist und dann, wenn du merkst: alles ist schiefgegangen. Siehe, ich bin bei dir, siehe, ich bin bei euch. Ja, ich bin bei euch alle Tage!“
Vorsichtig frage ich: „Wie lange, Herr?“
„Nicht lange – nur bis an der Welt Ende. Sehr lange – bis an der Welt Ende.“, antwortet Jesus.

Mit seinem Segen und dem Auftrag zum Segnen verabschiedet sich Jesus von denen, die tagtäglich mit ihm unterwegs waren. Er geht hin, wo er hergekommen ist, zu Gott.
Von IHM kommt auch die Kraft, die er uns versprochen hat. Zu Pfingsten wird davon die Rede sein wird. Unseren Augen ist Jesus entzogen. Alles andere ändert sich nicht.

Und die Jünger? Wie reagierten sie?
Schauen wir noch einmal in den Text, in die wenigen Verse, die für heute bei Lukas zu lesen sind:

Die Jünger aber beteten Jesus an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und segneten Gott.

Ein Satz und doch alles gesagt: Die Jünger gehen dorthin, wo sie leben und glauben. Sie gehören zur Gemeinde. Und „sie segnen Gott“. Eine uns vielleicht überraschende Aussage: Gott zu segnen. Luther hat die Stelle mit „gepriesen“ übersetzt. Im Urtext steht „segnen“. Das griechische Wort hat Platz für beides, bringt es aber in einen inhaltlichen Zusammenhang. Und sagt etwas ganz Wichtiges: Segen ist keine Einbahnstraße. Segen kommt von Gott. Und Gott lässt sich auch vom Menschen segnen. Denn Segen ist eine Beziehungssache. Lebendiger Zuspruch von Gott an Dich, von Dir an andere und an ihn zurück.

Liebe Gemeinde, zu Himmelfahrt feiern wir den geöffneten Himmel. Segensoffen. Wir sind aufgefordert, einander und Gott zu segnen. Denn Gott spricht: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“

Dazu helfe uns der HERR selbst.
Amen


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