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12.08.2023
Anwalt der Gescheiterten

Am 12. August 1933 betritt ein unscheinbarer Gast das Hotel „Deutsches Haus“ in Feldberg in Mecklenburg. Er benötigt eine Unterkunft. Denn sein eben erworbenes Haus in nahegelegenen Carwitz wird erst noch saniert.

Der da in der Tür steht, ist der Dichter Hans Fallada. Eigentlich heißt er Rudolf Dietzen. Aber er hat sich umbenannt. Er heißt jetzt wie der geschundene Schimmel Falada aus einem Märchen der Brüder Grimm. Dessen abgeschlagenes Haupt verkündet so lange die Wahrheit, bis die betrogene Prinzessin zu ihrem Recht kommt.

Der Schriftsteller ist im Sommer 1933 vor den Nazis aus Berlin geflohen. Er wurde denunziert: Staatsfeindliche Gespräche soll Fallada geführt haben. Daraufhin kam er für elf Tage ins Gefängnis.

So ist das Haus in Carwitz eine Zuflucht in den Wirren der Zeit, aber auch Fluchtpunkt auf einer ohnehin schwierigen Lebensreise. 18 Romane entstehen hier, manche in wenigen Tagen. In seinen Büchern gibt er den Gescheiterten einen Namen. Er erzählt ihre Geschichte. Und vielleicht kann er es deshalb so gut, weil er selbst immer am Rande des Scheiterns lebt.

Jetzt im Sommer laufe ich durch sein Haus. Inzwischen ein kleines Museum. Da steht der Schreibtisch, an dem er gearbeitet hat. Die Kaffeekanne. Ich denke: Wem leihe ich meine Stimme? Für wen setze ich mich ein? Wo bin ich mutig inmitten der großen Weltereignisse?

Überlegt Hans-Jürgen Kant von der Evangelischen Kirche in Halle


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