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30.08.2023
Bedenkliche Entwicklung

Vor zwei Wochen hatten wir eine jüdische Theologin in unseren Gottesdienst
eingeladen. Esther würde uns einen Abschnitt aus der hebräischen Bibel erklären.
Den brachte sie zum Vorlesen in einer älteren deutschen Übersetzung mit.
Beim Blick darauf kamen mir Bedenken. Die Sprache war sehr antiquiert. Ich zu
Esther ganz vorsichtig: „Hm, das ist aber ganz schön schwer verständlich. Ich hoffe,
die Leute können dir da folgen.“
Esther erklärte: Die Übersetzung ist die modernste, die wir haben. Seit 1933 gibt es
keine neuen Übersetzungen mehr auf Deutsch.
Bäm! Es fuhr mir in die Glieder, das ganze Elend in dieser nüchternen Mitteilung.
Deutsch - die Sprache der Mörder. Wer kann als jüdischer Mensch die heiligen
Texte lieben können in der Sprache des Grauens?
Mich hat das als Christin sehr getroffen.
Wir haben uns später noch lange unterhalten. Esther wohnt in Berlin. Eine
weltoffene diverse Stadt. Wie ist das Leben dort für sie?
Esther erzählt, dass Kinder in der Schule ihre jüdische Identität oft verschweigen,
um Angriffen aus dem Weg zu gehen. Wenn andere davon wissen, werden sie
schnell Ziel von Mobbing.
Das Gespräch mit Esther geht mir immer noch nach. Wir müssen viel mehr
voneinander wissen und konsequenter für unsere jüdischen Geschwister einstehen.
Denn die Angst unter ihnen wächst, jetzt, wo Niedertracht und Dreistigkeit wieder
salonfähig werden. Wir müssen denen ins Wort fallen, die Hass und Vorurteile
predigen.
Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg


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