Nach längerer Zeit bin ich einmal wieder im Burchardikloster in Halberstadt. Ich will hören, wie weit das langsamste Musikstück der Welt vorangeschritten ist.

„As slow as possible“ - „So langsam wie möglich“ heißt das Stück von John Cage. Dabei ist das ja die Frage: Wie langsam ist „so langsam wie möglich“? Die Halberstädter haben sich, als es begann, für 639 Jahre Spieldauer entschieden.
In einem kleinen Orgelwerk sind bisher erst wenige Pfeifen zu sehen. Mit dem Voranschreiten des Musikstückes wird auch die Orgel weitergebaut.

Die Musik ist auf Jahrhunderte hin angelegt. Sie will entschleunigen in unserer schnelllebigen Zeit. Etwas Kontinuierliches sein inmitten von Veränderungen und Wandel. Für mich ist die Musik aber vor allem Ausdruck einer großen Hoffnung und eines tiefen Zutrauens: Die Orgel wird auch noch in 600 Jahren erklingen. Wenn wir Heutigen schon längst nicht mehr sein werden. Aber die Erde wird sich immer noch drehen und Menschen der Musik im Burchardikloser lauschen.

So höre ich das aus der Musik. Und genauso aus den Worten der Bibel: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter.“ Gott wird die Erde bewahren.
Und ich wünsche mir, dass auch die Musik nie aufhört.

Als ich aus der Klosterkirche herausgehe, steht am Himmel ein Regenbogen und aus der Kirche tönen die Orgelpfeifen ihre Zuversicht.

Hans-Jürgen Kant, Superintendent in Halle