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16.04.2024
Die Seele kostenlos aufladen

Kürzlich bin ich zum ersten Mal mit einem Elektroauto gefahren – eine längere Fahrt nach Göttingen und zurück, um einen Freund zum runden Geburtstag zu überraschen. Und ich kann sagen: Es ist Gott sei Dank alles gut gegangen – außer dass ich an der Ausfahrt aus der Stadt zehn Kilometer zu schnell war und postwendend ein Erinnerungsbild erhalten habe. Und zum ersten Mal habe ich ein Auto an einer Station geladen – eine neue Erfahrung, kurz vor dem Ziel per App eine offene Ladestation zu finden, dann eine Pause einlegen und nach einer knappen halben Stunde weiterzufahren.

Aber eigentlich hat mir diese Pause ganz gut getan – ich konnte meine Füße vertreten, habe zufällig eine Autobahnkapelle entdeckt und dort bei leiser Musik im Gebetbuch am Eingang Texte gelesen, die Reisende in das dicke Buch geschrieben hatten. Viele, ziemlich viele kleine und längere Texte. Ob ich das machen sollte: Ich dachte ja, um die Gebete zu wiederholen und Gott für die Schreiber um Hilfe zu bitten. Die Reisenden haben in lateinischer, in kyrillischer aber auch in arabischer Schrift geschrieben. Darunter standen aber auch hässliche, böse Worte, aber das waren Gott sei Dank nur einige. Und wenn ich weiterdenke, dann freue ich mich, dass es solche Stationen gibt, wo die Seele kostenlos auftanken kann, wie in der kleinen Autobahnkapelle. Auch wenn ich selber z.B. die arabische Schrift nicht lesen kann – bin ich ganz sicher, dass Gott alle menschlichen Schriften kennt und die Sprache jedes Gebets hört. Und dass Gott auch die Menschen gern hat, die solch böse, hässliche Sprüche ins Gebetbuch geschrieben haben. Dass wir aufhören mögen, gegenseitig zu hassen,

Dafür bete ich.

Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle


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