Je älter ich werde, umso früher stehe ich morgens auf – als Jugendlicher fiel es mir hingegen meist schwer, aus den Federn zu kriechen – und manchmal höre ich noch heute die liebevoll-bittende Stimme meiner Mutter: „Mein Junge, steh jetzt endlich auf, es ist schon halb sechs, du musst raus“. Meist musste sie zwei, dreimal rufen, denn ich habe oft bis weit nach Mitternacht Radio gehört – im abgeriegelten kommunistischen Rumänien die einzige Verbindung zur Welt nach draußen. Und in der Nacht war der Empfang meist besser – dafür fehlten mir dann halt die Stunden im Schlaf! Dabei muss ich an ein Wort aus der Bibel denken: „Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen; denn seinen Freunden gibt es der Herr im Schlaf.“ Wenn das nicht eine Perspektive für Langschläfer ist: seinen Freunden gibt es Gott im Schlaf! Freilich ist damit nicht gemeint, dass wir nun die Hände in den Schoß legen und überhaupt nicht mehr arbeiten sollen und nur warten, was da kommt. Ich verstehe diesen alten Satz eher als inneren Weckruf: Überleg lieber zweimal, was du tun willst – und denk daran, dass es nicht allein an dir hängt, ob du zum Ziel kommst. Oder in der Sprache meiner Söhne: „Papa hör auf, jetzt ist Zeit zum Chillen.“

Ihr Johann Schneider, evangelischer Regionalbischof aus Halle