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19.02.2024
Scham und Schande

Ehrlich- ich schäme mich so.
Ich gehöre auch zu denen, die immer glaubten: das mit dem Missbrauch- das ist vor
allem ein Problem der katholischen Kirche.
Geahnt habe ich, dass bis in die 50er, 60ern hinein so manche Kinder auch in
evangelischen Schulen oder Heimen mit ihrer Hierarchie und der Macht-Pädagogik
Missbrauch erlitten haben. Eine Katastrophe für ein ganzes Leben.
Aber dann gab es das doch bei uns so gut wie nicht mehr. Dachte ich. Wir sind doch
liberal. Wir lehnen doch steile Hierarchien ab, die Machtmissbrauch ermöglichen.
Dachte ich. Blind und naiv. Der Fall vom hohen Ross ist tief, seit Ende Januar die
Missbrauchsstudie veröffentlicht wurde.
Ich schäme mich. Vor den Betroffenen, und auch vor allen Nichtchristen.
Die Kirche, die ein guter, ein sicherer Ort sein will für Menschen. Die für Obdachlose
sammelt, sich in Pflegeheimen um andere kümmert, für Demokratie mit auf die
Straße geht, für Kinderrechte einsteht und die Moral gern hochhält. Die kehrt unter
den Teppich, beschwichtigt, lässt über Jahrzehnte Hinweise im Sande verlaufen.
Ich kann nichts sagen. Nur, dass ich mich unfassbar schäme und eine riesige Wut
habe auf die Täter und die, die mit vertuscht haben.
Und, ja, meine Generation an Mitarbeitenden in der Kirche und auch die
Nachfolgenden werden dafür sorgen müssen, alles unter dem Teppich
hervorzuholen und denen Gehör zu schenken, denen so Schreckliches angetan
wurde.
 

Pfarrerin Christina Lang, Ev. Kirchengemeinde Naumburg


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