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22.04.2021
Schmetterling

Ich liege auf der Wiese, beobachte das leichte Schweben eines Zitronenfalters. Kurz setzt er sich auf eine Blüte dann flattert er weiter. Er erinnert mich an eine Begebenheit. Ein Freund hat sie mir erzählt:

Ein neugieriger Mensch beobachtete einen Kokon. Einen Schmetterlings-Kokon. Eingepuppt in winzige weiße Fädchen. Lange hatte er bewegungslos dagelegen. Doch dann bewegte sich etwas. Eine kleine Öffnung wurde sichtbar. Über Stunden mühte sich der Schmetterling im Inneren, um sich aus dem Kokon zu befreien.

Der Beobachter wurde ungeduldig und wollte helfen. Er holte ein spitzes Messer aus seiner Tasche und weitete das kleine Loch. Er half dem Schmetterling aus seinem engen Kokon. Doch mit Erschrecken stellte er fest, dass der Schmetterling nun zwar frei – aber völlig kümmerlich war.

Mein Freund meinte, dem Schmetterling habe der Kampf gefehlt – das sich Herauszwängen aus dem Kokon – um kräftig zu werden.

Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber ich selbst habe harte Situationen erlebt, an denen ich unerwartet gewachsen bin. Als Kind auf dem Schulhof, als Lehrling in der Werkstatt, als Hilfloser am Krankenbett, sogar als Trauernder am Grab.

Manches Schwere im Leben ist wie ein Tunnel, durch den ich mich mühsam durcharbeiten muss, um fliegen zu können.

Ich wünsche Ihnen in solchen Gelegenheiten genügend Geduld –

und etwas Hoffnung darauf, das Gott hinter manchen engen Pforten wunderbare Wiesen bereithält.

 

Peter Herrfurth, Landesjugendpfarrer in Magdeburg 


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