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08.03.2020
Springen und Anhalten

Mein fünfjähriges Patenkind Leo hopst gern über Pfützen und Steine. 

Sein Leben gleicht einem Tanz durch den Tag.

Er besucht mich in Magdeburg.  Wir bummeln durch die Stadt. In der Walter-Rathenau-Straße glitzern Leo viele Stolpersteine entgegen, die dort im Gedenken an Mitglieder der jüdischen Zirkusfamilie Blumenfeld verlegt worden sind. Leo kennt die Bedeutung der Steine noch nicht. Er lässt sich nur von ihrem Glitzern anlocken. Jedes Jahr im Januar befreie ich sie mit Schülerinnen der Evangelischen Grundschule vom Winterschmutz. Guck mal, ruft Leo, goldene Steine! Nimmt Anlauf und springt.

Ich renne ihm nach. Wir halten gemeinsam an.

Diese Steine hier sind kleine Grabsteine, Leo. Hier in der Nähe gab es einmal den berühmten Zirkus Blumenfeld, mit Clowns und Dompteuren, die alle vor langer Zeit ermordet worden sind. Sie hießen Alfons und Alex, Amanda und Fritz.

Ermordet? Leo wird blass. Waren sie böse?

Nein, erwidere ich. Sie sind ermordet worden, weil sie Juden waren.

Leo schaut ungläubig. Aber heute macht das keiner mehr, beruhigt er sich.

Ich übergehe seine Bemerkung, denn das Herz tut mir weh. Komm Leo, sage ich, wir legen ein paar Steinchen auf die goldenen Platten. Das freut die Toten.

Heute wird in Dresden die jährlich wiederkehrende „Woche der Brüderlichkeit“ eröffnet, eine Woche, die helfen soll, erneut aufkeimenden Antisemitismus einzudämmen.“ Tu deinen Mund auf für den Anderen,“ ist das Thema für 2020. Dringend wichtig. Halle liegt uns auf der Seele. Wir dürfen nicht schweigen meint Pfarrerin Gabriele Herbst aus Magdeburg.


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