24.10.2023
Bevor Gerechtigkeeit und Friede sich küssen

Eines Tages werden Gerechtigkeit und Friede sich küssen, steht in der Bibel. Die Gerechtigkeit und der Frieden. Als wären die beiden ein Paar, das zusammengehört. Eines Tages. Aber bis dahin brauchen sie Zeit. Denn zuerst war die Gerechtigkeit mit dem Stärkeren zusammen. In den war sie verliebt, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Der Stärkere sprühte vor Energie noch aus den Fingerspitzen. Wenn er einen Raum betrat, drehten die darin sich nach ihm um. Darum lief die Gerechtigkeit so oft es ging an seine Seite. Weil sie wusste: Der Stärkere würde für sie kämpfen. Als die Gerechtigkeit dagegen den Frieden kennenlernte, fand sie ihn nicht besonders anziehend. Zu verhuscht mit seiner dünnen Brille, die ihm ständig die Nase hinunterrutschte. Und trotzdem zeigte er ihr mit der Zeit, dass sie als Gerechtigkeit neben dem Stärkeren langsam verschwand. Der Frieden sagte so etwas selten von sich aus. Er stellte eher Fragen oder dachte murmelnd vor sich hin. Oft hörte die Gerechtigkeit dabei nur halb zu; hatte dann aber eine gute Idee, auf die sie – wie sie meinte – ganz alleine gekommen war. So wurde die Gerechtigkeit stabil und wuchs von innen heraus. Das gefiel ihr so gut, dass sie den Frieden liebgewann. Sie fand zwar, er übertreibe es mit dem vielen Lächeln und manchmal war sie richtig genervt von seiner hartnäckig guten Laune. Doch eines schönen Tages trat sie – fast über sich selbst erstaunt – nahe an den Frieden heran und küsste ihn. Seitdem geht es auf und ab für die beiden. Irgendwann aber – das hoffe ich fest – bleiben Gerechtigkeit und Frieden auf ewig zusammen.

Mutige Träume, wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, Pfarrerin in Fambach


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