07.08.2018
Blindes Vertrauen. Johannes 20, 29

Ein warmer Sommertag in Leipzig. Mein Mann und ich – wir haben Theaterkarten. Es ist noch Zeit, und wir sitzen in einem Straßencafé. Genießen einen Cappuccino und das quirlige Großstadt-Life-Theater.

Gezeigt wird alles:

Schöne Mädchen, die die Blicke auf sich ziehen, junge Paare auf Rädern mit schlafenden Kindern im Anhänger. Alte Leute hinter dem Rollator. Ein Lockenkopf-Mädchen mit Puppenwagen und Oma. Eine Frau, die Pfandflaschen aus Papierkörben angelt. Hundebesitzer, Skateboard-Fahrer, unternehmungslustige Teenies. Ein hübscher dunkelhäutiger Junge im Rollstuhl. Ein altes Ehepaar, eng umschlungen.

Auch der Ton ist nicht schlecht:

Jemand pfeift, manche reden laut mit ihrem Smartphone, es wird gestritten und gelärmt und gelacht.

Und dann hat sie ihren Auftritt:

Eine verwegen gekleidete Dame, nicht mehr ganz  jung. Der Rock viel zu hellblau, auch der Hut echt mutig. Schwungvoll, mit leichtem Schaukeln läuft sie auf dem Fußweg.

Als sie näher kommt, hören wir sie singen: „Wir leben, lieben, hoffen...“,  mit einer heiteren Melodie.

Erst jetzt sehen wir ihren Blindenstock – und halten den Atem an: Denn nun geht sie tatsächlich bei Rot über die Straße! Gott sei Dank – kein Auto! Sie steigt in die Straßenbahn.

Mit offenem Mund staunen wir hinterher:

Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! Kann man diese Jesus-Worte auch so verstehen? Leben, Lieben und Hoffen mit weißem Stock?

Eine gute Nacht und Vertrauen auch in dunklen Stunden

wünscht Angela Fuhrmann, Ev. Pfarrerin in Gotha

 


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