27.10.2023
Den Dingen einen Namen geben

Poäng. Önskedröm. Oddvar. Kennen Sie diese Namen? Aber Billy haben Sie womöglich zuhause. Rein statistisch vermutlich schon, denn Deutschland gilt als umsatzstärkstes Land von IKEA, das die Billy-Regale und die anderen Möbel verkauft. Bevor der Gründer Ingvar Kamprad sein erstes Geschäft eröffnete – morgen vor genau 65 Jahren – hatte er Möbelstücke schon per Versand angeboten. Und weil er sich die Produktnummern dabei nur sehr schwer merken konnte, gab er ihnen Namen: Ohrensessel Lars und Inge, Schaukelstuhl, waren zwei der Ersten. Dass Menschen Dingen Namen geben, ist eine uralte Sache. In der Bibel fängt die ganze Weltgeschichte damit an, dass Gott dem ersten Menschen alle geschaffenen Tiere zeigt, um zu sehen, welche Namen der Mensch ihnen gibt. Was Kinder oft – ohne dass es ihnen jemand beibringt – mit ihren Stofftieren machen. Bei den Möbeln klappt das zwar wirtschaftlich, nur nachhaltig ist es nicht. Denn je günstiger, desto weniger wertvoll sieht man Dinge an und kauft rascher wieder neue. ABER: Seinen Ängsten kann man Namen geben, den lebenslangen, starken Ängsten. Dass man die irgendwann gar nicht mehr hat, ist nämlich eher unwahrscheinlich. Also kann man sie genauso gut mit einem netten Namen begrüßen, wenn sie auftauchen. „Na, Tiffany, was ist jetzt schon wieder?“, kann man zum Beispiel fragen. Die Ängste verlieren dadurch etwas von ihrer Übermacht, wenn man sich halbwegs mit ihnen abfindet. Sie haben dann einen gewissen Platz im Leben – wie ein Möbelstück eben – aber sie sind nicht (mehr) das Wichtigste.

Dass Sie zu einer Angst etwas Abstand bekommen, vielleicht mit einem (für Sie) amüsanten Namen, das wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, Pfarrerin in Fambach


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