25.04.2017
Die 17. Kerze

Heute war wieder Jahrestag. Der Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt. Und erschrocken denke ich: Das ist schon wieder 15 Jahre her!
Immer zum Jahrestag die Gedenkveranstaltungen. Um 11 Uhr das stille Gedenken in der Schule. Die Namen der Opfer werden vorgelesen. Und für jeden einmal die Glocke geschlagen.
Am Abend dann die Andacht in der Andreaskirche. Hier hat gleich damals nach dem schrecklichen Ereignis die Trauer einen Ort gefunden. Seitdem gibt es die Erinnerungsecke in der Kirche. Und die Andacht am Jahrestag.
Auch hier werden die Namen der Opfer vorgelesen. Und für jeden eine Kerze angezündet. Für jeden der elf Lehrer. Für die Referendarin. Für die Sekretärin. Für die beiden Schüler. Und für den Polizisten.
Und immer die Besonderheit: Hier in der Kirche gibt es die 17. Kerze. Der Attentäter war ein ehemaliger Schüler des Gutenberg-Gymnasiums. Am Ende des Amok-Laufes hat er sich selbst erschossen.
Die 17. Kerze aufzustellen: Das ist und bleibt eine Gratwanderung. Auch nach 15 Jahren. Die Bedenken sind verständlich, das weiß die Pfarrerin. Und bleibt an dem Punkt sensibel. Die 17. Kerze steht abseits, getrennt von den anderen. Der Name des Täters wird nicht genannt. Trotzdem: Es gibt die 17. Kerze. „Er ist ein Mensch vor Gott wie wir“.
Die 17. Kerze bewegt mich. Nicht verschweigen, nicht verdrängen. Und selbst dem, der Schlimmstes getan hat, noch mit Anstand begegnen.
Eine friedliche Nacht wünscht Ihnen Pfarrer Tobias Schüfer, evangelisch und aus Erfurt.


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