27.12.2021
Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind

Es gibt ein Bild von Max Ernst, das heißt: Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind.

Man sieht Maria darauf, in einem rotblauen Kleid, das Jesuskind hat sie im Schoß. Aber bäuchlings, denn sie versohlt ihm den Po. Der ist schon leicht gerötet, Jesus ist nackt. Und sein Heiligenschein liegt auf dem Boden.

Einen Skandal hat das Bild ausgelöst als es gemalt wurde vor 100 Jahren. Das wollte der Maler aber so. Seine Kollegen und er provozierten die bürgerliche Gesellschaft. Weil die den Ersten Weltkrieg angezettelt hatte. So dachten zumindest die Künstler und richteten sich gegen alles, was vorher hochgeschätzt war: Patriotismus, Obrigkeitshörigkeit und Religion. Die ideale Familie gibt es nicht, wollte der Maler mit dem Bild vielleicht sagen. Nicht mal die heilige Familie lebte ohne Zwist.

Damals hat der Gedanke die Leute verschreckt. Verständlich – es ist irritierend zu sehen, wie die Jungfrau Maria ihre Hand erhebt. Fast will man lieber gleich wieder wegschauen.

Aber der Anblick fesselt mich auch. Erst recht nach all den anheimelnden Bildern der Weihnachtsfamilie. Die sind schön, keine Frage.

Aber sie zeigen nur diesen kurzen heiligen Ausschnitt und der ist für viele Menschen weit weg von ihrer Wirklichkeit. Maria dagegen, die ihrem Sohn einen Klaps hintendrauf gibt, bringt ihn mir näher. Obwohl Jesus so viel von Gott verkörperte, war er ein richtiger Mensch. Er musste erzogen werden, hat geweint und wurde geliebt. Wie in einer echten Familie. Erleichternd!

Gute Nacht wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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