26.10.2022
Gedanken, die keiner kennt

Eine der kürzesten Geschichten in der Bibel geht so: Jesus sah einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und Jesus sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm.

Ein einziger Vers ist das nur. Aber es steckt viel dahinter: die Zöllner waren berüchtigt damals. Weil sie mit den Römern kooperierten, mit der Besatzungsmacht. Aber auch weil sie mit den Zolleinnahmen oft Geld abzweigten für sich, indem sie willkürlich mehr verlangten. Das klappte, weil die Händler und überhaupt alle, die vorbei wollten an der Zollstation, abhängig waren von ihnen. Die Passanten wiederum hassten die Zöllner dafür; niemand wollte was mit ihnen zu tun haben. Nur Jesus ging nicht auf Abstand. Im Gegenteil, er geht auf Matthäus zu. Denn er sieht einen Menschen am Zoll sitzen. Wo die anderen nur einen Zöllner sehen; wie der heißt und was das für ein Mensch ist – völlig egal. Vielleicht hat Matthäus das gemerkt, dass Jesus tiefer sieht. Was ihm wohl durch den Kopf gegangen ist, bevor er aufstand und losging, hinter Jesus her? Wenn man merkt, dass einen jemand durchschaut, dass der weiß, welchen Mist man gebaut hat, ist das doch unangenehm. Man duckt sich, will nur noch weglaufen. Aber das Gegenteil macht Matthäus. Er geht direkt zu auf Jesus. Irgendwas hat ihn angezogen. Vielleicht hat er gespürt: Der durchschaut mich, aber hört trotzdem nicht auf, mich anzuschauen. Mich, Matthäus. Das hat schon lang keiner mehr gemacht. Und es tut gut.

Das wünsche ich Ihnen, dass Sie merken: Gott schaut sie freundlich an. Und er hört einfach nicht auf damit.

Gute Nacht sagt Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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