08.09.2020
Gelassenheit verteilen

„Eilige Blutproben, Fahrer hält nur kurz“, habe ich neulich auf einem Wagen gelesen, der auf der Autobahn vor mir fuhr. Gute Idee, dachte ich erst, das aufs Auto zu schreiben! Denn angenommen, der parkt in engen Gässchen, wo dann kein anderer mehr durchkommt. Da braucht sich niemand unnötig ärgern, wenn klar ist, er fährt gleich wieder weg. Macht Sinn so ein Aufdruck – vor allem, wenn schon Sanitäter erzählen, dass sie angegriffen wurden, nachdem sie ihren Rettungswagen kurz in eine Einfahrt gestellt hatten. Dabei parken die doch nicht zum Spaß da oder weil sie einen ärgern wollen. Die retten vermutlich im Nachbarhaus gerade ein Leben. Und schlagen auch kein Zelt auf, sondern sind gleich wieder weg. „Eilige Blutproben, Fahrer hält nur kurz“ – ist auch schade, dass man sowas aufs Auto schreiben muss. Da wünschte ich, es gebe nicht nur Medizin-, sondern auch Entspannungskuriere. Das wäre doch schön: Überall, wo jemandem der Blutdruck grundlos nach oben schnellt, verteilen sie Gelassenheit. Nur eine kleine Dosis und schon lösen sich bei den Patienten die Muskeln, die Stirnfalten glätten sich und sie merken: „Das, was gerade geschieht, ist ja gar nicht lebensbedrohlich für mich, sondern lässt sich in Ruhe klären.“

Gott, gib uns Gelassenheit – bete ich heute Abend. Dass wir lieber dreimal durchatmen, als uns einmal beschweren. Ruhe in dieser Nacht und auch an den kommenden Tagen wünscht Ihnen, Milina Reichardt-Hahn, Pfarrerin in Fambach.


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