10.09.2020
Leidenschaft zeigen

Ich wollte zu den Passionsspielen dieses Jahr. Wenn 2020 normal verlaufen wäre, könnte man sie jetzt noch knapp einen Monat sehen. Aber ich wollte nicht nur fürs Sehen hin. Sondern vor allem, um etwas zu fühlen, was ich vor zehn Jahren dort schon mal erlebt habe.

In dem Rhythmus nämlich werden in Oberammergau seit fast vier Jahrhunderten die letzten Tage im Leben Jesu gezeigt. Das haben Vorsteher beschlossen, nachdem im ganzen Ort niemand an der Pest gestorben war. Fast der ganze Ort ist auch bis heute am Spiel beteiligt. Die Laiendarsteller nehmen ihre Rollen ernst. Wer zum Beispiel Jesus spielt oder einen Mann aus dem jüdischen Volk, darf sich nicht die Haare schneiden lassen oder rasieren bis alles vorbei ist. Schon eine kleine Zumutung. Aber für die Leute aus dem Ort auch eine Ehre.

Und ich? Ich habe mich mittendrin gefühlt im biblischen Geschehen. Weil alle so engagiert dabei waren, hat es mich hineingezogen; ein-, zweimal musste ich mich an der Armlehne festhalten, sonst wäre ich den Mittelgang herunter zur Bühne gerannt und hätte mitgemacht. So echt kamen die Ereignisse rüber: Jesu Leben, sein Leiden, sein Tod – und die Nachricht, dass er dem Tod die Macht genommen hat. Seitdem wünschte ich mir, wir könnten seine Geschichte immer mit soviel Leidenschaft nahebringen, mit solcher Begeisterung und echtem Trost.

Ich hoffe, etwas davon schwappt in Ihr Leben über, wann immer sie davon hören! Gute Nacht wünscht Milina Reichardt-Hahn, Pfarrerin in Fambach.


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