23.01.2019
Mensch, Menno

Was für eine Gestalt. Weißer Rauschebart und ein ziemlich schräger Hut. Ein gemütlicher Gang und immer ein Lächeln auf den Lippen. Dazu ein breiter amerikanischer Akzent. Ein schräger Vogel mein Freund und Arbeitskollege. Da, wo er herkommt, sehen alle Männer so aus. Ein Kinnbart, der an den Seiten bis hinauf zu den Ohren reicht. Frauen tragen ein Kopftuch. Viele fahren mit Kutschen statt Autos.

Mein Freund ist Mennonit. Er kommt aus einer kleinen evangelischen Kirche, die sich seit dem 16. Jahrhundert auf den Friesen Menno Simons zurückführt. Das Erkennungsmerkmal damals wie heute: Mennoniten treten radikal für den Frieden ein.

Und das reicht bis hinein in den Alltag. Ich bin beeindruckt, wie friedfertig mir dieser Kollege begegnet. In Konfliktsituation beruhigt er die Gemüter. Wenn andere die Stimme erheben, wird er ruhig. Vorwürfe beantwortet er mit Nachdenklichkeit und immer wieder auch mit einer offenen Entschuldigung. Das beeindruckt mich. Wie er den Frieden ganz konkret lebt. Wie er mir und anderen mit Nachsicht begegnet und immer wieder sucht, was dem Frieden dient. Das tut gut. Endlich mal einer, der nicht nur vom Frieden redet. Endlich mal einer, der nicht immer Recht haben will. Endlich mal einer, der neben sich selbst auch andere Menschen im Blick behält.

Mensch, Menno! Von diesem Frieden möchte ich mir gern etwas abgucken. Ich muss ja nicht ausgerechnet mit dem Rauschebart anfangen.

Eine friedvolle Nacht wünscht Pfarrer Ramón Seliger, evangelisch und aus Weimar.


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