07.02.2018
Neue Arche

Früher musste er Anna vor dem Einschlafen immer aus demselben Buch vorlesen: Noahs Arche.

Das Wimmel-Buch mit den fröhlichen Bildern hat sie geliebt wie kein anderes. Besonders die Seite, auf der Noah den Tieren den grünen Ölbaumzweig zeigt. Die Archentür hinter ihm weit geöffnet in die Freiheit mit frischer Luft, blauem Himmel und Sonnenschein.

Nur ein Bild hat sie traurig gemacht: Es dürfen immer nur zwei Tiere in die Arche. Männlein und Weiblein. Mehr nicht. Sonst reicht der Platz nicht aus.

An jedem Abend gab es dieselbe Diskussion. Was mit den anderen Tieren passiert. Und wie traurig das ist. Jedes Mal hatte Anna gesagt, dass sie die Arche viel größer gebaut hätte. Damit alle Tiere hineinpassen. Dabei hatte sie ihre Katze gestreichelt, die mit auf dem Sofa saß.

Anna ist erwachsen geworden. Wenn sie zu Besuch kommt, ist alles viel schöner. Mehr Lachen, mehr Gespräche, mehr Leben im Haus.

Nur das Essen, das sie mitbringt, ist gewöhnungsbedürftig: Gemüsebratlinge, Lebenswurst, vegane Brotaufstriche...

So richtig schmeckt ihm Annas Essen nicht.

Natürlich: Er  wundert er sich manchmal auch über die große Fleisch-Theke. Früher gab es das nicht ständig, Schnitzel und Schinken. Ist ja auch gar  nicht so gut für die Gesundheit.

Beim nächsten Einkauf schaut er doch mal in die Regale, um die er bisher einen Bogen gemacht hat. Er muss an Anna denken. An ihre Tierliebe. Und daran, dass man die Arche größer bauen müsste...

 

Eine gute Nacht

wünscht Angela Fuhrmann, Pfarrerin in Gotha


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