31.03.2021
Nicht den Sand in den Kopf stecken

Die Kröten wandern. Am Rand der Bundesstraße stehen wieder die kleinen Zäune, die verhindern sollen, dass die Tiere überfahren werden. „Kröten können sie schützen, aber Impfstoff besorgen nicht!“, hab ich jemanden sagen hören. Die Wut verstehe ich, absolut. Über vieles, was momentan schief läuft. Nur hat das nichts mit den Kröten zu tun. Es stecken nicht dieselben Menschen dahinter. Der Satz ist verständlich, macht aber keinen Sinn. Da fiel mir Lothar Matthäus ein. Von seinen unfreiwillig komischen Sprüchen, hilft dieser hier vielleicht weiter. „Wir dürfen den Sand nicht in den Kopf stecken“, hat der Rekord-Nationalspieler einmal gesagt. Er meinte natürlich: Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Das hat er verwechselt, damit aber auch den Kopf auf den Nagel getroffen. Denn zurzeit, so scheint mir, passiert das Vielen, dass sie Sand in den Kopf stecken, sprich: aufhören zu denken. Statt dem Verstand herrschen nur noch starke Gefühle: Ärger und Frust. Die sind sofort da. Die haben auch ihren Sinn, aber auf die kann man nicht bauen. Sie bieten keine Grundlage, mit der man weiterarbeiten kann. So wie der Sand. Ein Mann, von dem Jesus erzählt, hat darauf sein Haus gebaut. Das ging schnell voran. Genauso rasch aber warfen Sturm und Regen es wieder um. Darum bitte: Nicht nur den Gefühlsreflexen vertrauen und damit Sand in den Kopf stecken, sondern aufs Denken beharren. Auch wenn’s so schweißtreibend ist, als würde man auf felsigem Grund bauen. Aber wie ein Haus dort festen Stand hat, entstehen nur aus dem Denken tragfähige Lösungen.

Gute Nacht, wünscht Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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