31.12.2022
Nimm das Jahr zurück

Das ist bei ihnen ein Ritual: Wenn das Jahr zu Ende geht, nehmen sie sich ihre Kalender und blättern noch einmal durch.

Guck: Anfang des Jahres: haufenweise durchgestrichene Termine. Alles ausgefallen. So viele Sitzungen online. Und über Ostern die schöne Tour ins Allgäu. Wandern. Blauer Himmel, hohe Berge. Und hier: Der Tiefschlag mit der Diagnose, die OP, die Zeit der Genesung. Mann, was für ein Glück. Oder sollten wir sagen: Fügung? Gut, dass es der Arzt rechtzeitig erkannt hat.

Urlaub im Sommer in der Hitze in der Toskana. Wie wir das gebraucht haben, auszuruhen. Der wunderbare Sternenhimmel.

Das Familienfest im Herbst.

Seite für Seite gehen sie alles durch. Mal zieht es in der Brust, mal atmen sie auf.

War viel los. Hat viel Kraft gekostet.

Gut, dass es jetzt ruhige Tage sind.

Es tut ihnen wohl, sich alles noch einmal anzusehen.

Und mal zu fühlen: Was ist jetzt dran?

Und dann – auch das gehört zum Ritual – schreiben sie alles auf diese speziellen hauchdünnen Zettelchen. Jede und jeder für sich. Was war und was sie sich wünschen.

Die Zettelchen werden am Silvesterabend draußen auf dem Gartentisch zusammengerollt, senkrecht auf den Tisch gestellt und angezündet, und dann heben sie ab und fliegen leicht in die Luft. Und verglühen.

Das ist gut, wenn die abheben.

Wenn das alte vergehen darf. Der Schmerz und die Angst.

Nimm das Jahr zurück, Gott. Danke für alles. Für alle Fügungen, für alles Schwere.

Und hab ein Auge auf uns im neuen Jahr.

Einen schönen letzten Tag und einen beherzten Start ins neue Jahr wünscht Ihnen von Herzen Ulrike Greim, Weimar.


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