05.09.2019
Reden und Schweigen

Sie kann mit ihm über alles reden. Dass sie manchmal beim Einkaufen hilflos vor den Regalen steht und sich nicht entscheiden kann, dass sie nicht weiß, wie sie all die Aufgaben der nächsten Tage schaffen soll. Über die Sorge, die Erde könnte kaputt gehen und die Hoffnung, dass die Menschen doch noch zur Besinnung kommen. Dass sie am liebsten alle Früchte ernten und verarbeiten würde, die an Wegesrändern an den Bäumen hängen. Dass sie sich wie verrückt freut, wenn sie bei blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein am Meer steht und sie diese Freude nicht fassen kann.

Er hört sich das alles an, macht keine blöden oder peinlichen Bemerkungen. Bei ihm kann sie so sein, wie sie ist.

Am meisten aber liebt sie es, mit ihm zu schweigen. Einfach dasitzen und nichts sagen. Keine Worte, nur Augen und Hände, Gesten und Haltungen, die auf ihre Weise sprechen. Keine Sorge, dass die Stille zu langatmig oder unangenehm wird. Nur ab und an ein: Ach ja! Dabei sieht er sie an und sie hat das Gefühl, es ist alles gut so wie es ist. Das Ungeklärte, das Verrückte, das Widersprüchliche.

„Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, hat der jüdische Philosoph Martin Buber gesagt. Jeder Mensch braucht ein Gegenüber, um bei sich anzukommen. Einen Menschen oder Gott.

So aufgehoben zu sein, bei Menschen und bei Gott wünscht in dieser Nacht Pfarrerin Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.


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