29.03.2022
Schwerter zu Pflugscharen

Er hatte die alte Jacke beim Aufräumen gefunden. Der grüne Parka aus dem Westen. Wie war er stolz, als er den geschenkt bekam, damals, als er dem Pfarrer beim Umzug geholfen hatte. Sein Kumpel hatte ihm Geld dafür geboten, aber er hat das gute Stück nicht hergegeben. Und dann hat er den Aufnäher daraufgestickt. Eigenhändig. „Schwerter zu Pflugscharen“.

Wie er die Jacke heute in Händen hält, wird es ihm noch einmal anders.

Der Chef hatte ihn damals vorgeladen. Er hatte sich rechtfertigen müssen. Hände schweißnass. Der Spruch komme aus der Bibel, hatte er gesagt. Das Bild vom muskulösen Mann, der sein Schwert umschmiedet – das ist eine Skulptur eines Moskauer Künstlers. Sie steht in New York. Ein Geschenk der Sowjetunion an die Vereinten Nationen.

Da konnte keiner mehr etwas dagegen haben. Erleichtert konnte er gehen.

Der Aufnäher ist nun schon etwas vergilbt. Er überlegt, ob er ihn jetzt wieder trägt – an seinem Mantel. „Schwerter zu Pflugscharen“. Aktueller denn je.

Ja, das ist wieder sein Wunsch. Seine Sehnsucht – dass alle Armeen der Welt ihre Waffen umschmieden und etwas Sinnvolles daraus machen. Panzer zu Gulaschkanonen.

Einmal wird es so sein, hatte der Prophet in der Bibel gesagt. Einmal werden alle die Waffen aus der Hand legen. Sie werden nicht mehr lernen, wie man Krieg macht. Wenn Gott in die Herzen der Menschen einzieht, werden sie den Krieg beenden, die Schwerter umschmieden zu einer Pflugschar, sie werden die Äcker umgraben, damit wieder Korn wächst und gedeiht.

Ja, Gott, betet er, zieh in alle Herzen ein. Es soll jetzt passieren. Ich will es erleben.

Eine friedliche Nacht – wünscht Ihnen Ulrike Greim aus Weimar


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