22.06.2021
Sehnsucht hilft

„Ich würde auch gern so glauben können wie Du, Milina“, hat eine Bekannte mal zu mir gesagt.

Tja – aber wie glaube ich eigentlich?, dachte ich da. Manchmal ist das gar nicht so stabil, wie sie vielleicht denkt. Es ist weniger „Sicher-Sein“, sondern mehr suchen und fragen. Es ist mehr überlegen, wie Gott es mit uns meint – jetzt gerade.

Glauben ist für mich Sehnsucht-Haben. Sehnsucht danach, dass am Ende doch alles Sinn machen wird. Ausgereift braucht das nicht sein. Es reicht wie in der Geschichte von dem jungen Juden, der zum Rabbi kam und sagte: Ich möchte Dein Schüler werden. – Gut, sagte der Rabbi. Aber liebst Du Gott? – Lieben kann ich eigentlich nicht behaupten, sagte der Schüler traurig. Der Rabbi blieb freundlich und fragte: Gut, wenn Du ihn nicht liebst, hast Du Sehnsucht danach, ihn zu lieben? – Manchmal ja; aber meistens habe ich soviel zu tun, dass es im Alltag untergeht, sagte der Schüler. Der Rabbi zögerte kurz und sagte: Wenn Du die Sehnsucht nicht hast, ihn zu lieben – sehnst Du Dich danach, Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben? – Genau!, sagte der Schüler und sein Gesicht wurde hell. Ich sehne mich danach, Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben. Da sagte der Rabbi: Das genügt. Du bist auf dem Weg. Sehnsucht nach der Sehnsucht, mehr ist nicht notwendig. Glauben sehen und ihn sich wünschen, das reicht. Damit hat der Weg schon begonnen.

Gute Reise!, wünscht Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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