10.09.2021
Sissi und der allmächtige Gott

Urlaubszeit, in der Nähe der Alpen. Faszinierend, dass sie jeden Tag anders aussehen: Mal rücken die saftigen grünen Almen nach vorne, mal leuchtet der Schnee von fernen Gipfeln. Ich muss an Sissi denken. Nicht die ganz echte, sondern die aus dem Film, wunderbar kitschig. In einer Szene läuft sie im Wald mit ihrem Vater, Herzog Maximilian in Bayern. Er sagt zu ihr: „Wenn du einmal im Leben Kummer und Sorgen hast, dann geh‘ so wie jetzt mit offenen Augen durch den Wald. In jedem Baum und jedem Strauch, in jedem Tier und in jeder Blume wird dir die Allmacht Gottes zum Bewusstsein kommen und dir Trost spenden und Kraft.“

Als Kind war ich viel im Wald und habe dort gern an diesen Satz gedacht. Im Film sagt Sissi dieselben Worte nachher auch noch zu ihrem späteren Ehemann, Franz Joseph I, Kaiser von Österreich, als die zwei zum ersten Mal romantisch zusammen sind. Doch die Wirklichkeit ist nicht immer poetisch. Das Leben der echten Elisabeth wurde böse beendet, sie wurde erstochen von einem Anarchisten, heute, am 10. September, vor 123 Jahren. Das menschliche Leben ist eigenartig, an manchen Stellen so wunderschön, an anderen schaurig. Wie die Alpen im Grunde; nachts können die schroffen Felsen auch aussehen wie böse Grimassen. Je älter ich werde, desto mehr denke ich, es gehört alles dazu: Der beruhigende Wald und das bizarre Gebirge. Beides lässt uns ehrfürchtig werden vor der Natur, ehrfürchtig vor dem Leben. Ehrfürchtig vor Gott.

Schlafen Sie behütet, wünscht Ihnen Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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