27.08.2018
Vier Minuten in die Augen sehen

„Wenn du mich ansiehst, werd ich schön...“ schreibt Gabriela Mistral in einem Gedicht. Menschen haben ausprobiert, ob das stimmt. In einem berührenden Experiment.

Sie saßen sich gegenüber. Ganz unterschiedliche Paare. Mutter und Tochter, Bruder und Schwester, ein Paar, das seit 50 Jahren verheiratet ist. 

Sie sahen sich in die Augen, schweigend, vier Minuten lang. Am Anfang war es komisch, ungewohnt. Vier Minuten können ganz schön lang sein. Aber dann geschah etwas, jedes Mal. Die Augen fingen an zu leuchten, andere lächelten sich zu, manchen kamen die Tränen. Andere fassten sich bei den Händen.

„Ist schon verrückt.“, sagt die Mutter am Ende der Zeit. „Ich habe dich lieb.“, die Tochter. „Ich dich auch.“ Dann umarmen sie sich.

Was hast du gedacht in dieser Zeit?, wird die Tochter danach gefragt. Ihre Antwort: „Dankbarkeit. Für alles. Für die Kindheit. Für die Unterstützung.“

Der Bruder merkt: „dass ich Dinge gar nicht von meiner Schwester weiß. Auch gar nicht nachfrage. Da muss ich mehr drauf achten.“

Der Mann sagt zu seiner Frau: "Ich habe gemerkt, was du mir bedeutest und dass ich nicht ohne dich sein kann."

Sich so lange in die Augen sehen. Eine Situation, die wir kaum erleben. Normalerweise schauen wir uns maximal 3,3 Sekunden in die Augen – dann wenden wir uns ab. Und vergeben uns ganz viel: Nähe, tiefe Gefühle von Glück, aber auch Traurigkeit. Seelenberührungen. So, dass wir spüren: Ich bin schön, so wie ich bin. Ich bedeute dir ganz viel.

Einen Menschen, der sie sieht, wünscht Ihnen Pfarrerin Dorothee Land, evangelisch und aus Erfurt.

 


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