23.06.2021
Zusammen ausbrechen hilft

Ich war noch niemals in New York, aber eine Studienfreundin von mir wohnt dort seit mehr als zehn Jahren. Während der Pandemie hab‘ ich mir vorgenommen, sie zu besuchen. Auch, um einmal die Stadt zu sehen und ihren Puls zu spüren. Ob es sich wirklich so anfühlt, dass alles möglich ist, wenn man mittendrin steht und die Hochhauswände nach oben schaut? So hat Udo Jürgens davon gesungen: New York als Sinnbild für Freiheit. Für Aufbruch. Weg vom engen Leben mit Frau und Kind und Bohnerwachsgeruch im Treppenhaus. New York als Antwort auf die Frage: War das jetzt alles für mich? Kurz geht der Sänger raus, um Zigaretten zu holen als er merkt, dass er auch den nächsten Flug nehmen könnte. Alles Nötige hat er bei sich. Aber er macht es nicht. Sondern läuft in die Wohnung zurück, wo die nächste Fernsehshow kommt. Schade. Dabei wär’s so einfach gewesen. Er hätte es nur seiner Frau erzählen brauchen, zusammen hätten sie sicher Wege gefunden. Für seine Träume – und auch für ihre. Doch zum Reden fehlte der Mut. Udo Jürgens hat das seelenvolle Lied Anfang der Achtziger veröffentlicht. Zehn Jahre später gab er das größte Freiluft-Konzert auf europäischem Boden, in Wien vor einer viertel Million Menschen – das jährt sich in diesen Tagen. Trotzdem brauchen wir mehr als Melancholie: Wir brauchen Mut, um über Träume zu sprechen, um Wünsche zu teilen. Auf die Frage: war’s das jetzt schon?, kann auch der Blick zum Himmel eine Antwort sein. Denn alles ist möglich, dem der da glaubt. 

Schlafen Sie gut und morgen trauen Sie sich, wünscht Milina Reichardt-Hahn, evangelisch und Pfarrerin in Fambach


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