PM 144 | 04.11.2008
9 November Evangelische Kirche erinnert an eigene Schuld in der Pogromnacht

9. November: Evangelische Kirche erinnert an eigene Schuld in der Pogromnacht
Aufruf zum Widerstand gegen heutiges Unrecht
Gottesdienste, Konzerte, Ausstellungen und Gedenkstunden

Zahlreiche Kirchengemeinden innerhalb der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) erinnern am kommenden Sonntag (9. November) an die Pogromnacht vor 70 Jahren. „1938 wurden Synagogen, Wohn- und Kaufhäuser niedergebrannt, vor aller Augen Menschen erniedrigt, verhaftet und ermordet“, heißt es in einem Wort der Föderationskirchenleitung zum 9. November 2008 als „Tag der Erinnerung und Umkehr“. In Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen der Kirchengemeinden soll das Kirchenwort unter dem Motto „Bewahre die Erinnerung und trage sie weiter!“ am Wochenende verlesen werden.

„Wir gedenken der jüdischen Frauen, Kinder und Männer, die mitten in unserem Volk in tiefes Leid gestürzt, geängstigt, beraubt, gequält und schließlich grausam umgebracht wurden“, beginnt das Kirchenwort. Weiter heißt es: „Damals warteten Juden vergeblich auf einen Schrei des Entsetzens und der Empörung; auf offene Zeichen der Solidarität für die Nachbarn, Kollegen, Bekannten: Zeichen und Taten, die Schlimmeres hätten verhüten können. Auch unsere Kirche und ihre Gemeinden haben hier versagt. Christen luden schwere Schuld auf sich. Nur Einzelne haben den Mut gefunden, zu widerstehen und sich berühren zu lassen vom Weinen und Rufen der Misshandelten; vom Leiden der Ausgegrenzten, vom Schrei der Verzweifelten. Dieser Hass und das Feuer fraßen nicht nur die Synagogen, sondern auch die Menschlichkeit der Mittäter, Zuschauer und der schweigenden Mehrheit.“

Weiter erklären die evangelischen Christen: „Wir erkennen die Wurzeln des entfesselten Hasses und der Grausamkeit auch in Fehlern unserer christlichen Verkündigung und im kirchlichen Verhalten. Der Schrecken von damals wirkt weiter in den Menschen, die am Leben geblieben sind und in ihren Kindeskindern. Den jüdischen Überlebenden und ihren Angehörigen gilt heute unsere Aufmerksamkeit, unsere Scham und unser Mitgefühl.“

Das entsetzliche Geschehen von damals soll als Warnung verstanden werden. „Wir alle sind anfällig, wegzusehen und wegzuhören, wenn Unrecht geschieht; zu beschönigen, zu erklären, zu verteidigen. Machen wir einander aufmerksam und stehen einander bei, wenn Menschen angegriffen und verhöhnt und missachtet werden! Gerade jetzt, da ausländerfeindliche, rassistische und antisemitische Gruppen wieder frech in unserem Land auftreten und Menschen beleidigen, verprügeln und töten, ist es unsere Aufgabe, dem zu widerstehen und für ein offenes und menschenfreundliches Land einzutreten“, so das Kirchenwort.

Hinweis an die Redaktionen: Das Kirchenwort im Wortlaut finden Sie unter www.ekmd-online.de, Rubrik „Aktuell und Presse“, Verzeichnis „Pressematerial“.

Ausgewählte Termine in Thüringen zum Gedenken an die Pogromnacht:

8. November:
Eisenach
9.30 Uhr, Nicolaikirche, Eröffnung der Ausstellung „Kultur des Erinnerns – Vom Umgang mit dem jüdischen Schicksal in Eisenach seit 1945“
16 Uhr, Rathaus, Podiumsdiskussion „Kultur des Erinnerns“ mit Superintendentin Martina Berlich

9. November:
Erfurt
9.30 Uhr, Augustinerkirche, Abendmahlsgottesdienst mit Pröpstin Elfriede Begrich und Schwestern der Communität Casteller Ring
11.30 Uhr, Neuer Jüdischer Friedhof, Kranzniederlegung

Eisenach
10 Uhr, Georgenkirche, Gottesdienst
11.30 Uhr, Ehemalige Synagoge, Gedenkveranstaltung

Ranis
10 Uhr, Ev. Stadtkirche, Themengottesdienst, u. a. mit Beispielen antijüdischer Agitationen und Aktionen aus dem Pößnecker Raum sowie Texten und Gebeten zum mahnenden Gedenken

Suhl
15 Uhr, Congress Centrum, Kunst-Kabinett, Ausstellungseröffnung "Jüdisches Leben in Suhl" mit Schülerarbeiten in Wort und Bild, Dokumenten u. alten Fotos interessierter Bürger
16.30 Uhr, Stele am Platz der ehemaligen Synagoge, Gedenkveranstaltung

Gera
15 Uhr, Stadtmuseum, Gespräch mit dem Schriftsteller und Zeitzeugen Eberhard Freise
16.30 Uhr, Synagogendenkmal Schülerstrasse, Gedenken
17 Uhr, Trinitatiskirche, Ökumenischer Gottesdienst

Niederndorf
17 Uhr, Kirche, Konzert mit der Gruppe "Kristalle:flood"

Hildburghausen
17 Uhr, St. Leopolds-Kirche, Ökumenischer Gottesdienst

Weimar
18 Uhr, Jüdischer Friedhof, Gedenkveranstaltung

Mühlhausen
18 Uhr, Friedhof, und 19 Uhr, Synagoge, Gedenkveranstaltungen

12. November:
Weimar
19.30 Uhr, Stadtkirche, Musikal. Reise durch das Judentum mit Esther Lorenz (Gesang, Rezitation) und Peter Kuhz (Gitarre)

Mühlhausen
18 Uhr, Synagoge, Musikalische Reise durch Israel mit Regina Goldstein (Sopran) und Ludmilla Kutzovskaya (Klavier)

18. November:
Mühlhausen
19.30 Uhr, Synagoge, Vortrag zum Thema „Jüdisches Leben heute in Thüringen“ mit Wolfgang Nossen

Bei Rückfragen: Susanne Sobko, 0171-5459194


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