PM Presse-Info | 23.04.2019
Gedenken an die Gründung des „Entjudungsinstituts“ in Eisenach vor 80 Jahren

Mahnmal, Sonderausstellung, Tagung, Kunstprojekt, Begegnungstage

Am 6. Mai 1939 haben elf evangelische Landeskirchen in Eisenach das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ gegründet, kurz „Entjudungsinstitut“ genannt. Ziel war es, Kirche und christlichen Glauben an die nationalsozialistische Ideologie anzupassen. Zum Gedenken daran finden in diesem Jahr innerhalb der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) verschiedene Veranstaltungen und Aktionen statt. So wird in Eisenach ein Mahnmal installiert und im Lutherhaus eröffnet eine Sonderausstellung mit passenden museumspädagogischen Angeboten, eine wissenschaftliche Tagung ist geplant, ein Kunstprojekt wird umgesetzt und im September finden Jüdisch-christliche Begegnungstage im Rahmen der Thüringer Achava-Festspiele statt.

 

Hintergrund:

  • Das Institut wurde während der Zeit des Nationalsozialismus auf Betreiben der Kirchenbewegung Deutsche Christen gegründet
  • Gründungsfeier am 6. Mai 1939 auf der Wartburg
  • Leiter wurde Oberregierungsrat Siegfried Leffler, hauptamtliche Mitarbeiter waren als wissenschaftlicher Leiter Walter Grundmann, Professor für Neues Testament an der Universität Jena; als Geschäftsführer Heinz Hunger, Pfarrer in Eisenach; als wissenschaftlicher Assistent Max Adolf Wagenführer, Theologe in Jena
  • Gründung durch elf evangelische Landeskirchen; die heutigen Nachfolgekirchen: Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland, Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens, Evangelische Landeskirche Anhalts, Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, Evangelische Kirche der Pfalz, Evangelische Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Österreich

 

Sonderausstellung im Lutherhaus Eisenach:

  • Titel: „Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ‚Entjudungsinstitut‘ 1939–1945“
  • Laufzeit: 20. September 2019 bis 31. Dezember 2021 mit Option auf Verlängerung; Eröffnung am 19. September, 18 Uhr
  • Inhalt: Entstehung, Ideologie und Arbeitsfelder des „Entjudungsinstituts“ mit Vorgeschichte (Antijudaismus, Antisemitismus, Begriff „Entjudung“) sowie Wirkung und Aufarbeitung nach 1945, Bedeutung von Martin Luther für das Institut
  • Projektleitung: Stiftung Lutherhaus Eisenach; Kuratoren: Dr. Jochen Birkenmeier, Wissenschaftlicher Leiter und Kurator der Stiftung, und Michael Weise M.A.
  • Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Christopher Spehr, Prof. Jörg Ganzenmüller, Prof. Karl-Wilhelm Niebuhr (alle Jena), Prof. Harry Oelke (München), Prof. Christian Wiese (Frankfurt a. M.)
  • Schirmherrschaft: Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien; Bodo Ramelow, Thüringer Ministerpräsident; Ilse Junkermann, Landesbischöfin der EKM; Prof. Reinhard Schramm, Vorsitzender Jüdische Landesgemeinde Thüringen

 

Wissenschaftliche Tagung:

  • Titel: „Das Eisenacher ‚Entjudungsinstitut‘. Kirche und Antisemitismus in der NS-Zeit“
  • Ort und Zeit: Eisenach, Hotel auf der Wartburg, 18.–20. September 2019
  • Veranstalter: Friedrich-Schiller-Universität Jena, Stiftung Lutherhaus Eisenach, Wartburg Stiftung und Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte mit weiteren Kooperationspartnern
  • Inhalt: Überblick über den Forschungsstand, Kontextualisierung von Ideologie und Theologie der Einrichtung, Wirkungen und Spätwirkungen des Instituts sowie Impulse für die weitere Forschung
  • Projektleitung: Prof. Christopher Spehr (Lehrstuhl für Kirchengeschichte, Friedrich-Schiller-Universität Jena) und Prof. Harry Oelke (Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte, München) sowie die weiteren Mitglieder des wissenschaftlichen Ausstellungsbeirats

 

Mahnmal:

  • Inhalt: Gedenkinstallation als Schuldbekenntnis und zur mahnenden Erinnerung an die Verantwortung von sieben heutigen evangelischen Landeskirchen für die Gründung des Instituts; Gedenken an die Opfer von kirchlichem Antijudaismus und Antisemitismus
  • Ort: Bornstraße in Eisenach nahe des ehemaligen Sitzes des „Entjudungsinstituts“ (Ecke Johann-Sebastian-Bach-Straße / Am Ofenstein)
  • Das Mahnmal wurde von Marc Pethran (KOCMOC.NET, Leipzig) nach inhaltlichen Anregungen der Stiftung Lutherhaus Eisenach entworfen; ausgeführt wird es von der Fa. Obornik Werbetechnik KG, Hildesheim
  • Enthüllung: 6. Mai, 11 Uhr
  • Träger: Sieben evangelische Landeskirchen (in Nachfolge der am „Entjudungsinstitut“ beteiligten Landeskirchen)

 

Jüdisch-christliche Begegnungstage (im Rahmen der Achava-Festspiele):

  • Ort und Zeit: Lutherplatz und Esplanade in Eisenach, 19.–22. September 2019
  • Veranstalter: Achava-Festspiele in Kooperation mit der Stiftung Lutherhaus Eisenach, der Stadt Eisenach und weiteren Partnern
  • Inhalt: Tage des jüdisch-christlichen Dialogs für ein breites Publikum mit Kultur- und Musikprogramm, Straßenfest, Gottesdiensten, Podiumsdiskussion etc.
  • Höhepunkte:
  • 19. September, 19.30 Uhr, Eröffnung mit Avi Avital & Thüringer Bach Collegium
  • 20. September, 19 Uhr, Schabbat-Abend im Festzelt (Jüdischer Gottesdienst, danach Kiddusch mit Essen, Musik und Begegnung)
  • 21. September, 10-18 Uhr, ACHAVA-Straßenfest auf dem Lutherplatz; 15 Uhr, Enthüllung der wiederhergestellten Bibelworte an den Emporen der Georgenkirche
  • 22. September, 10 Uhr, Festgottesdienst in der Georgenkirche mit Predigt von Margot Käßmann und Musik vom Synagogalchor Leipzig; 14 Uhr, Podiumsdiskussion „Antisemitismus“ im Festzelt mit Margot Käßmann, Prof. Susannah Heschel (USA) sowie dem russischen Pianisten und Musikwissenschaftler Jascha Nemtsov; 16 Uhr, Konzert in der Georgenkirche mit dem Synagogalchor Leipzig; 18.30 Uhr, Klavierrecital im Stadtschloss – Wladimir Stoupel spielt Werke von verfolgten und ermordeten jüdischen Komponisten der Neuen Musik

 

Kunstprojekt des Beirats der EKM für den christlich-jüdischen Dialog:

  • Motto „Mit Judenhass vergiftet – Versuch einer Entgiftung im Protestantismus“
  • Adressaten waren Künstlerinnen und Künstler, die mit Text- und Bildarbeiten vertraut sind und vor allem performativ und installativ arbeiten
  • Ziel: Nachwirkungen der antijudaistischen Arbeit des Instituts bis in die heutige Zeit hinein zu reflektieren
  • Der Jury gehören Künstler sowie Vertreter von Landeskirche und Kulturinstitutionen an, darunter Landesbischöfin Ilse Junkermann
  • Für die Umsetzung des Projektes sind 8.000 Euro eingeplant; Künstler sowie Ort und Zeitpunkt der Eröffnung werden noch bekannt gegeben

 

Museumspädagogische Angebote des Lutherhauses:

  • Pädagogisch begleitete Entdeckung der Sonderausstellung mit Einführung und Nachbesprechung
  • Workshop zu Riten und Symbolen des Judentums „Von Widderhörnern und koscheren Gummibärchen“
  • Kalligraphie-Werkstatt mit hebräischen, arabischen und deutschen Schriftzeichen
  • Die Module sind in Deutsch und Englisch täglich buchbar und werden auch für Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderung oder einem niedrigen Bildungsniveau angeboten

 

Foto: Prof. Christopher Spehr, Alexandra Husemeyer (mit Material zur Museumspädagogik), Ilse Junkermann und Dr. Jochen Birkenmeier (v.l.) informierten über die Vorhaben zum Gedenken an die Gründung des „Entjudungsinstituts“ in Eisenach vor 80 Jahren (Foto EKM).

RÜCKFRAGEN

Für das Lutherhaus: Dr. Jochen Birkenmeier, 03691-2983-0
Für das Mahnmal: Susanne Sobko, 0162-2048755
Für das Kunstprojekt: Teja Begrich, Beauftragter der EKM für den christlich-jüdischen Dialog, 0177-4942063


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