PM 096 | 04.11.2018
Thüringer Bischöfe bedauern gescheitertes Forschungsvorhaben

Diskriminierung von Christen in der DDR sollte aufgearbeitet werden

Dr. Ulrich Neymeyr, Bischof des Bistums Erfurt, und Ilse Junkermann, Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, betrachten das Forschungsvorhaben „Bildungswege von Christinnen und Christen in der DDR nach dem Mauerbau – Staatliche Repressionen und biografische Folgen“ als gescheitert. Das von der Arbeitsgemeinschaft (AG) „Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat“ angeregte Projekt hatte die Thüringer Landesregierung als einen Beitrag zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorgesehen. Es sollte von der Universität Erfurt betreut werden. Die Finanzierung über ein Förderprogramm der Thüringer Aufbaubank wurde jetzt von dieser abgelehnt.

„Das Scheitern dieses für die Aufarbeitung der SED-Diktatur so wichtigen Forschungsvorhabens enttäuscht uns sehr“, betonen Neymeyr und Junkermann in einer gemeinsamen Erklärung. „Damit ist weit mehr gescheitert als ein bloßer wissenschaftlicher Förderantrag: Hier wurde die Chance vertan, die systematische und oft massive Benachteiligung von Christinnen und Christen in der DDR mit ihrer Wirkung bis heute umfassend zu beleuchten und den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, über Erlebtes und Erlittenes zu sprechen“, erklären die Bischöfe.

Mit Einrichtung der AG „Christen im DDR-Unrechtsstaat“ habe die Thüringer Staatskanzlei bei vielen Betroffenen und den Kirchen große Hoffnungen und Erwartungen geweckt. „Wir Kirchen waren selbstverständlich bereit, unseren Sachverstand und unsere Netzwerke zur Verfügung zu stellen und die Landesregierung in ihrem Bestreben zu unterstützen, die Aufarbeitung der SED-Diktatur in Thüringen weiter voranzutreiben. Aus dieser Arbeit ist ein ambitioniertes Forschungsprogramm entstanden. Wir danken allen beteiligten Wissenschaftlern der Projektgruppe Forschung ‚Christen in der DDR‘, die sich mit großem Engagement und persönlichem Einsatz diesem wichtigen Thema gewidmet haben. Umso mehr bedauern wir, dass sich die hierfür seitens der Landesregierung vorgeschlagenen Förderstrukturen letztlich als ungeeignet erwiesen haben“, heißt es in der Erklärung. „Eine angemessene wissenschaftliche Erforschung des repressiven Umgangs mit der christlichen Bevölkerung des heutigen Thüringen in der Zeit der DDR steht damit weiter aus“, so die Bischöfe.

Hintergrund:
Der Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Landesregierung beinhaltet ein deutliches Bekenntnis zur „Aufarbeitung der SED-Diktatur in all ihren Facetten“. Im März 2017 wurde die AG „Christen, Kirchen und andere christliche Religionsgemeinschaften im DDR-Unrechtsstaat“ bei der Thüringer Staatskanzlei eingerichtet, der unter anderem Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche angehören. Gemeinsam wurde das Forschungsprojekt „Bildungswege von Christinnen und Christen in der DDR nach dem Mauerbau – Staatliche Repressionen und biografische Folgen“ erarbeitet. Es sollte unter Federführung von Dr. Jörg Seiler, Professor für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, in enger Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären wissenschaftlichen Beirat an der Universität Erfurt bearbeitet werden. Die Finanzierung sollte durch ein Förderprogramm der Thüringer Aufbaubank erfolgen. Diese hat den Projektantrag abgelehnt.

RÜCKFRAGEN

Christhard Wagner, Beauftragter der Evangelischen Kirchen im Freistaat Thüringen,
0176-60981666
Dr. Claudio Kullmann, Leiter des Katholischen Büros Erfurt, 0176-22171267
 


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