19.02.2021
1 Jahr Hanau: Gottesdienste und Online-Gedenken zum Jahrestag des rechtsextremen Anschlags

Zum Jahrestag des rechten Terrorschlags in Hanau, bei dem neun Menschen aus Einwandererfamilien starben, wird in Gottesdiensten und Online-Gedenkveranstaltungen an die Opfer erinnert.

Hanau (epd). Mit einem Gedenkgottesdienst in der Hanauer Marienkirche erinnert die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) am Sonntag an die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags vom 19. Februar 2020.

Die Feier mit Bischöfin Beate Hofmann und Dekan Martin Lückhoff stehe unter dem Motto "Offen für Vielfalt - geschlossen gegen Ausgrenzung", teilte die EKKW am Dienstag mit. Wegen der Corona-Pandemie sei ein Besuch nur nach Voranmeldung möglich, die Feier werde aber auch per Livestream auf der Homepage der Landeskirche übertragen.

Bereits am Freitag, dem Jahrestag des Anschlags, wird Bischöfin Hofmann in der Marienkirche Kerzen für die Opfer entzünden und ein Friedensgebet halten. "Wir wollen hinschauen, wo Unrecht sich einschleicht und Fremdenhass sich breit macht", heißt es im Gebetstext. Bis 20 Uhr wird es dann in der Kirche stündlich ein Friedensgebet geben. Mit Bezug auf das Datum des Anschlags sollen um 19.02 Uhr in Hanau und Umgebung die Glocken der evangelischen und katholischen Kirchen läuten. Am Jahrestag findet in der hessischen Stadt eine Gedenkfeier statt, an der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnimmt.

Im Internet richtet die EKKW einen virtuellen Raum für das Gedenken ein. Unter dem Motto "Mein Licht für Hanau" können auf Facebook (www.facebook.com/kirchenkreishanau) virtuelle Kerzen angezündet werden. Für jedes online geteilte Kerzenbild soll vor Ort in der Marienkirche ebenfalls eine Kerze entzündet werden. 

In Hanau hatte ein Mann am 19. Februar 2020 neun Menschen aus Einwandererfamilien erschossen und anschließend seine Mutter und sich selbst getötet. 

Der Gottesdienst mit Bischöfin Hofmann ist am Sonntag ab 10.30 Uhr auf der Internetseite www.ekkw.de als Livestream zu sehen. Anmeldungen zum Gottesdienst vor Ort unter www.stadtkirchengemeinde-hanau.de.

Das Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (LAMSA e.V.) hat zum Gedenken an die Opfer von Hanau zur Aktion "Say their names" aufgerufen. In Videos werden die Namen der Ermordeten gesprochen und in Social-Media-Kanälen veröffentlicht. Mitarbeitende der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) haben sich an der Aktion beteiligt. Das Video ist auf dieser Seite sowie bei Facebook anzusehen: https://www.facebook.com/ekmd.de/.

Am 19. Februar wird LAMSA e.V. um 21.30 Uhr einen Zoom-Raum öffnen. Ab 21.58 Uhr bis 22.10 Uhr werden dort die Namen der Ermordeten gesprochen, zwölf Minuten lang – genau so lange dauerte der rechte Terroranschlag:

Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin.


Anmeldungen unter veranstaltung@lamsa.de an, dort gibt es den  Zoom-Zugangslink.

 

Auch der EKD-Ratsvorsitzende, Heinrich Bedford-Strohm, erinnert an die Opfer von Hanau und ruft dazu auf, wachsam gegenüber Rassismus zu bleiben. In einem auf seinem Facebook-Kanal veröffentlichten Video zitiert Bedford-Strohm einen Vers aus dem biblischen Buch Amos. „Sollte nicht um solcher Taten Willen das Land erbeben müssen und alle Bewohner trauern?“ (Amos 8,8). Die Frage des Amos stelle sich auch im Blick auf diesen schrecklichen Anschlag. „Wir haben fast schon wieder vergessen, was damals passiert ist. Die Angehörigen der Opfer aber leiden bis heute. Und zwar nicht nur unter dem schrecklichen Verlust ihrer Lieben, sondern auch unter Erfahrungen von Rassismus beim Umgang mit den Morden“, so der Ratsvorsitzende Bedford-Strohm. „Ja, in Deutschland gibt es Rassismus. Offenen und versteckten. Jeder möge sich selbst daraufhin prüfen. Am heutigen Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau aber ist das Wichtigste: Trauern und Mitfühlen. Trauern um kostbare Menschen, die der Gewalt zum Opfer gefallen sind. Und Mitfühlen mit dem Schmerz der Angehörigen, die ihre Lieben so sehr vermissen.“
Das Video des EKD-Ratsvorsitzenden ist abrufbar unter facebook.com/landesbischof oder https://youtu.be/PEWDqi3FbB0.

Erfurt (epd). Thüringens Migrationsbeauftragte Mirjam Kruppa hat an die Ermordung von neun Menschen vor einem Jahr im hessischen Hanau erinnert. "Der rassistische Hass, der den Attentäter antrieb, ist leider nicht Vergangenheit", erklärte Kruppa am Mittwoch in Erfurt. Diskriminierung, Ausgrenzung und Anfeindung von Menschen, die "anders" aussehen, reden oder leben würden, geschähen nach wie vor jeden Tag in Deutschland. In Hanau hatte ein Mann am 19. Februar 2020 aus rassistischen Motiven neun Menschen aus Einwandererfamilien erschossen und anschließend seine Mutter und sich selbst getötet.

Die Tat lege jeder und jedem Einzelnen die Pflicht auf, immer wieder die Werte der Demokratie zu verteidigen. "Unsere Gesellschaft lebt von Vielfalt", betont Kruppa. Das Grundgesetz habe dem Schutz der Würde aller Menschen - unabhängig von Herkunft, Weltanschauung oder Hautfarbe - den ersten Rang eingeräumt.

Nicht alle rassistische Anfeindungen kosteten gleich das Leben - aber sie belasteten viele Menschen, erklärte die Beauftragte. "Die Berichte von Menschen, die angespuckt, beschimpft, belächelt, deren Kinder ausgegrenzt, benachteiligt, beleidigt werden, verdeutlichen mir das jeden Tag", fügte sie hinzu.

Kruppa kündigte an, am Freitagabend zum Jahrestag des Attentats an der Online-Gedenkveranstaltung "Wir sagen ihre Namen" teilzunehmen. Dazu habe der Dachverband der Migrantenorganisationen in Ostdeutschland gemeinsam mit dem Landesnetzwerk Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt eingeladen. Von 21.58 Uhr bis 22.10 Uhr sollen die Namen der Ermordeten ausgesprochen werden. In diesen zwölf Minuten seien sie erschossen worden, erklärte sie.

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Hanau 19.2.2020  Foto: epd bild/ Peter Jülich

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