12.04.2022
Bewegungsforscher Rucht rechnet mit mehr Ostermarschierern

Frankfurt a.M., Berlin (epd). Der Berliner Soziologe und Politologe Dieter Rucht hält es für wahrscheinlich, dass der Ukraine-Krieg den Ostermärschen einen deutlichen Schub versetzt.

Er rechne damit, dass an den Demonstrationen und Kundgebungen vom 14. bis 18. April etwa drei- bis fünfmal so viele Menschen teilnehmen werden wie im vergangenen Jahr, sagte der Experte für soziale Bewegungen dem Evangelischen Pressedienst (epd). 2021 wurden in den Städten Berlin, München und Frankfurt am Main jeweils rund 1.000 Demonstrierende gezählt.

Organisiert werden die traditionellen Ostermärsche vom Büro des Netzwerks Friedenskooperative in Bonn. Nach seinen Angaben sind von Gründonnerstag bis Ostermontag bundesweit in etwa 100 Orten Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen, Fahrradtouren, Blockadeaktionen oder Friedensfeste geplant.

Ob in diesem Jahr mehr und vor allem auch jüngere Menschen auf die Straße gehen, hänge davon ab, ob die Friedensbewegung auch Umwelt- und Klimaschutzgruppen wie „Fridays for Future“ oder Greenpeace zur Teilnahme aufrufe, sagte Rucht. Dass die Älteren zuletzt oftmals unter sich geblieben seien, liege aber nicht nur an den Inhalten, sondern auch an der „vorgegebenen und ritualisierten Form des Protests: Kundgebung, Redebeiträge, Gitarrenmusik, Demonstration“. Jüngere wollten selbst bestimmen und gestalten, sagte der Mitbegründer des Berliner Instituts für Protest- und Bewegungsforschung (ipb).

Die Veranstalter der Ostermärsche lehnen unter anderem das 100-Milliarden-Euro-Paket für die Bundeswehr, die Erhöhung der Rüstungsausgaben auf über zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes und Waffenlieferungen in die Ukraine strikt ab.

Vor dem Hintergrund des aktuellen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kritisierte Rucht das Festhalten der Ostermarschbewegung an der alten Traditionslinie „Frieden schaffen ohne Waffen“. Sie müsse auch ein offenes Ohr haben für die Bitte der Ukrainer an den Westen, Waffen zur Selbstverteidigung zu liefern. Erst danach gehe es um die Langfristperspektive, einen erneuten Rüstungswettlauf zu verhindern.

epd-Gespräch: Dieter Schneberger

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