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Blaue Flecken signalisieren den Hilfebedarf: Ev. Schulstiftung führt Schutzkonzepte ein

Erfurt (epd). Die Aula im Erfurter Sitz der Evangelischen Schulstiftung in Mitteldeutschland St. Johannes ist gut gefüllt.

Mehr als 50 Pädagoginnen und Pädagogen feiern wenige Wochen nach Schuljahresbeginn den Abschluss eines fünfjährigen Prozesses: In allen Einrichtungen wurden Schutzkonzepte zum Umgang mit sexualisierter Gewalt entwickelt. Das Interesse ist groß - bis kurz vor Beginn werden zusätzliche Stühle hinter einer Stellwand hervorgeholt.

Schon das zeige, sagt Christiane Schenk, Abteilungsleiterin Pädagogik, wie ernst die Mitarbeitenden das Thema nehmen. "Ziel ist es, unsere Pädagogen zu befähigen, Anzeichen möglicher sexualisierter Gewalt in Elternhäusern, unter Mitschülern oder in den eigenen Einrichtungen frühzeitig zu erkennen und angemessen zu handeln", erklärt die studierte Psychologin. Bestehe ein Verdacht, solle die Lehrkraft nicht mehr verschämt nach Hilfe suchen müssen, sondern wissen, dass es feste Ansprechpartner und Unterstützung in der Stiftung gibt. Denkbar seien verschiedene Möglichkeiten - von direkter Ansprache der Kinder bis hin zu einer Empfehlung, das Jugendamt einzuschalten.

Bereits im Februar 2022 hatte der Stiftungsvorstand beschlossen, in allen 42 Einrichtungen Schutzkonzepte zu entwickeln und bis Ende 2024 umzusetzen. Für die knapp 7.500 Kinder und Jugendlichen wurden diese Konzepte inzwischen eingeführt. Auch der Freistaat Thüringen arbeitet daran - allerdings haben staatliche Schulen hierfür noch bis 2027 Zeit für die Umsetzung. Einzelne Schulen haben solche Konzepte laut Bildungsministerium bereits erarbeitet.

Parallel dazu erarbeitet die Stiftung aktuell ein Kinderrechtskonzept auf Trägerebene. Bis 2027 sollen verbindliche Prozesse entstehen, die alle Schulen, Kitas und Horte bei der Wahrung von Kinderrechten unterstützen. "In den ersten Diskussionen zeigte sich, dass sich für Pädagogen und Arbeitsrechtler die Zugänge und Konsequenzen aus den Kinderrechten aus unterschiedlichen Kontexten speisen", sagt Schenk. Dennoch brauche es klare Leitlinien - auch für den Umgang mit Verfehlungen durch pädagogisches Personal. In einem nächsten Schritt sollen auch die Schüler der Stiftung in die Konzeptentwicklung einbezogen werden.

Gewalt gegen Kinder äußere sich in Schulen selten körperlich, sagt Annedore Prengel, Erziehungswissenschaftlerin und emeritierte Professorin der Universität Potsdam, auf der Konferenz. "Seelische Gewalt durch Fach- und Lehrkräfte ist jedoch alltäglich und wird in der wissenschaftlichen und politischen Debatte weitgehend ignoriert." Schon sarkastische Bemerkungen oder vermeintlich harmlose Späße könnten verletzend sein. Laut Prengel sind 20 Prozent aller Interaktionen zwischen Lehrkräften und Schülern leicht, fünf Prozent stark verletzend.

Beleidigungen vor der Klasse schafften ein negatives Klima, das Kinder langfristig prägen könne. So kann etwa schon der Ausruf "springt mal höher, seid nicht so faul" im Sportunterricht laut Prengel verletzend sein. Sie ermutigte die Pädagogen, auf einen Kollegen offensiv zuzugehen, wenn dieser sich - vielleicht auch unbewusst - unangemessen gegenüber einem Kind verhalten habe.

Elisabeth Lauterbach, stellvertretende Leiterin der Evangelischen Grundschule und Hortleiterin in Halle, ist seit 2023 Kinderschutzbeauftragte für alle Stiftungseinrichtungen in Sachsen-Anhalt - dort wurde die Vorgabe, die Thüringen erst 2027 umsetzt, bereits früh eingeführt. Mit ihrem Team hat sie eine Art "Handbuch" erstellt, das konkrete Handlungsempfehlungen für verschiedene Situationen enthält. Häufige blaue Flecken oder aggressives Verhalten könnten Hinweise auf Gewalt oder Hilfebedarf in Schule, Elternhaus oder Freundeskreis sein. "Natürlich gibt es einzelne Kolleginnen und Kollegen, denen das Thema unangenehm ist. Niemand will falsch verdächtigen oder denunzieren", sagt Lauterbach: "Aber die Konzepte geben gerade diesen Lehrkräften Orientierung."


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