25.11.2022
Dauerhafte Aufstellung des Triegel-Altars im Naumburger Dom gefordert

Naumburg (epd). Es ist eines der derzeit meist diskutierten Projekte im Umgang mit Denkmälern: Die Wiederaufstellung des von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) im Jahre 1519 geschaffenen und vom Leipziger Künstler Michael Triegel zwischen 2020 und 2022 ergänzten Altarretabels im Westchor des Naumburger Domes.

Seit 2018 gehört der Dom im Süden Sachsen-Anhalts zum Unesco-Weltkulturerbe - und dieser Status könnte durch das Altarprojekt nun gefährdet sein.

Sind Welterbe und kirchliche Nutzung ein Gegensatz? Darum ging es am Donnerstag bei einer wissenschaftlichen Tagung, zu der die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatsstifts Zeitz in die Marienkirche am Naumburger Dom eingeladen hatten.

Die Referenten des Kolloquiums veröffentlichten eine „Naumburger Erklärung“, die allerdings nicht verabschiedet wurde. In dem Papier weisen sie die Bedenken der Beratungsgesellschaft Icomos zurück, die im Auftrag der Unesco die Welterbestätten und Anwärter begutachtet. Die Wiederaufstellung des Altarretabels, also eines hölzernen Aufsatzes auf den Altarstein, sei keine „schwere Beeinträchtigung des Welterbes Naumburger Dom“, wie von Icomos behauptet.

„Die... Aufstellung des Retabels ist reversibel und erfolgte ohne Eingriff in die Substanz“, heißt es in der Erklärung. Die Verfasser appellieren „an alle zuständigen Institutionen und Akteure..., sich dafür einzusetzen, dass die Aufstellung des Triegel/Cranach-Marienretabel im Westchor des Naumburger Domes fortbestehen kann.“ Die Erklärung richtet sich nicht nur an das Unesco-Welterbekomitee, sondern auch an die Landesregierung von Sachsen-Anhalt, die sich ebenfalls ablehnend gegenüber einer dauerhaften Aufstellung gezeigt hatte.

Der Altar war am 3. Juli dieses Jahres durch den Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, und den katholischen Magdeburger Bischof Gerhard Feige in einer ökumenischen Vesper geweiht worden. Zunächst soll er bis zum 4. Dezember im Westchor des Naumburger Doms gezeigt werden, danach wird er etwa für ein halbes Jahr im Diözesanmuseum in Paderborn ausgestellt.

Der Mittelteil des Retabels, der die Gottesmutter Maria zeigte, wurde im Zuge der Auseinandersetzungen um die Reformation 1541 gewaltsam zerstört. Für die Wiederaufstellung hat der Leipziger Künstler Michael Triegel ein neues Mittelteil geschaffen. Es zeigt Maria mit dem Kind auf der Vorderseite, während auf der Rückwand der auferstandene Jesus abgebildet ist.

Die Wiederaufstellung des Altaraufsatzes war bei Denkmalschützern auf deutliche Kritik gestoßen. Icomos International hatte in einem Gutachten insbesondere bemängelt, das Retabel störe die Sichtachsen auf die zwölf Stifterfiguren im Westchor, zu denen auch Uta von Naumburg gehört.

Die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und zu Naumburg wie auch die Referenten der Tagung widersprachen diesen Einwänden zwar deutlich, verzichteten allerdings auf eine Unterzeichnung der Erklärung. „Wir müssen jetzt vom Konflikt zur Verzeihung zu kommen“, sagte Domdechantin Karin von Welck zur Begründung. Sie rief zum Dialog zwischen Befürwortern und Kritikern auf.

Von Oliver Gierens (epd)

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