01.11.2022
Reformationstag in Sachsen-Anhalt gegen Angst und für Verhandlungen

Magdeburg/Wittenberg/Dessau-Roßlau (epd). In Sachsen-Anhalt ist am Montag mit zahlreichen Gottesdiensten an den Beginn der Reformation erinnert worden.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte zum Reformationstag die Bedeutung des christlichen Glaubens für politisches Handeln. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, rief laut vorab verbreitetem Predigtmanuskript in Wittenberg zu verstärkten Bemühungen um eine Waffenruhe in der Ukraine auf. In Sachsen-Anhalt ist der Reformationstag gesetzlicher Feiertag.

Das biblische Zitat „Fürchtet Euch nicht“ gelte auch für Politiker, erklärte Haseloff im Magdeburger Dom. Diese sollten die Menschen ermutigen, betonte er laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Ermutigung habe nichts mit Illusionen zu tun, sondern sei vielmehr konsequenter Realismus.

Politisch Verantwortliche müssten Menschen überdies vor Gefahren schützen. Diese Aufgabe könnten sie am besten im Wissen darum bewältigen, dass Furcht reale Gefahren vergrößere und nicht zur Lösung von Problemen beitrage, erklärte Haseloff in seiner Kanzelrede. Angst lähme, anstatt zum Handeln zu befähigen.

„Die Alternative zum gerechten Frieden darf nicht endloser Krieg sein“, erklärte die EKD-Ratsvorsitzende in der Schlosskirche. Krieg dürfe niemals die Politik ersetzen. Eine Predigt des Bischofs der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, stand beim Gottesdienst in der Wittenberger Stadtkirche auf dem Programm.

Friedensverhandlungen schienen derzeit in weiter Ferne zu liegen, fügte Kurschus hinzu. Umso nötiger sei jedes Gespräch, das darauf abziele, die Waffen zum Schweigen zu bringen. Verhandlungen seien jedoch nur möglich, wenn der Gegner nicht zum Feind oder gar Teufel ernannt werde.

Kurschus bekräftigte ihre Kritik am Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche. Der Moskauer Patriarch Kyrill spanne „Gott vor Putins Krieg“, betonte sie mit Blick auf die Unterstützung der russisch-orthodoxen Kirche für den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Angriffskrieg in der Ukraine.

Der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig mahnte angesichts des Ukraine-Kriegs mehr Respekt bei politischen Diskussionen an. „Wer nicht wenigstens versucht, in der Meinung des Gegenübers auch Wahrheit zu suchen, ist zum Gespräch nicht geeignet“, erklärte er zum Reformationstag in Dessau-Roßlau.

Die Reformation stehe für die Befreiung des Menschen von Bevormundung. Sie sei auch eine Zeit der Krisen und Kriege mit religiösen Begründungen gewesen. Zu allen Zeiten sei Glaube missbraucht worden, so Liebig. Allen Rechthabern, Besserwissern und Unbelehrbaren müsse entgegengetreten werden. Dem Reformator Martin Luther (1483-1546) sei das bisweilen gelungen, mitunter habe er selbst zu den Hetzern gehört.

Laut Überlieferung hat Luther am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg 95 Thesen zu den Themen Ablass und Buße angeschlagen. Ziel war es, eine akademische Diskussion darüber herbeizuführen. Im Kern bestritt er die herrschende Ansicht, der Ablass sei die Voraussetzung, den Menschen von der Sünde zu erlösen. Der Thesenanschlag gilt als Beginn der Reformation.

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