02.09.2019
Weltkriegsgedenken: EKD-Ratschef warnt vor Spaltung in Europa | Deutsch-polnische Gottesdienste zum Jahrestag des Kriegsbeginns vor 80 Jahren

Warschau/Berlin (epd). Mit Friedensgottesdiensten in Polen und Deutschland haben die Kirchen am Wochenende an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren gedacht. Die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, riefen in Warschau zu einem gemeinsamen Erinnern auf.

Im Berliner Dom nannte es der evangelische Landesbischof Markus Dröge ein "Zeichen der Versöhnung", dass der ökumenische Gedenkgottesdienst mit polnischen Kirchenvertretern und Politikern gefeiert wurde. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm warnte in einem ZDF-Fernsehgottesdienst vor Spaltungstendenzen in Europa.

Auch zwischen Deutschland und Polen drohten alte Ressentiments wiederaufzuleben, sagte der bayerische Landesbischof am Sonntag in Frankfurt an der Oder. Dazu komme "die Geißel des Nationalismus, die so viel Unheil über Europa gebracht hat". In einem Europa, in dem die Spaltungstendenzen überhandzunehmen drohten, müssten die Deutschen dafür einstehen, dass der Weg der Versöhnung weitergegangen werde, forderte Bedford-Strohm. "In einem Europa, in dem Bewegungen sich auszubreiten drohten, die Hassbotschaften aussenden, wollen wir die Liebe stark machen und selbst ausstrahlen."

Die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Kurschus sagte am Samstag in Warschau, erinnern könne eine Zumutung sein, die am Ende jedoch heilsam wirken könne. Nach den Jahren der Gewalt und des Leidens sei sie "dankbar für die Schritte der Versöhnung, die wir aufeinander zu und gemeinsam mit unseren polnischen Nachbarn gehen durften". Die westfälische Präses warnte zugleich vor "dumpfem Nationalstolz" und Forderungen nach einem Schlussstrich unter die Kriegserinnerungen.

Der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, erklärte: "Wenn wir uns heute an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnern, sollten wir Christen von unserer Verantwortung für unsere Gegenwart und Zukunft sprechen." In dem ökumenischen Gottesdienst der EKD und des Polnischen Ökumenischen Rates kamen auch Zeitzeugen zu Wort, darunter ein ehemaliger polnischer KZ-Häftling und ein deutscher Vertriebener.

In dem Gottesdienst im Berliner Dom am Sonntag sang Rabbiner Andreas Nachama. Die Berliner Domgemeinde und die Warschauer St.-Trinitatis-Gemeinde unterzeichneten eine Partnerschaftsvereinbarung. Die Trinitatis-Kirche war zwei Wochen nach Kriegsbeginn von deutschen Bombern zerstört worden.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in einem Grußwort, die Deutschen seien sich der historischen Schuld und der daraus erwachsenden bleibenden Verantwortung bewusst. Er würdigte die zentrale Rolle der Kirchen im Prozess der Verständigung und Versöhnung zwischen Polen und Deutschland. Glaube mache an Grenzen nicht halt. "Die Kirchen konnten deshalb einen erheblichen Anteil daran nehmen, dass Deutsche und Polen wieder zueinanderfanden", sagte der Bundestagspräsident.

Die deutschen und die polnischen katholischen Bischöfe riefen dazu auf, "die Einheit Europas, das auf christlichen Fundamenten errichtet ist, zu festigen und zu vertiefen". In einer gemeinsamen Erklärung beider Bischofskonferenzen mahnten sie, mit den "Früchten der Versöhnung" verantwortungsbewusst umzugehen und "sie nicht leichtfertig in politischem Interesse" preiszugeben.

Mit dem deutschen Überfall auf Polen begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg.

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