Die Gemeinden wieder aufblühen lassen: Vakanzkoordinatorin Nadja Ramisch

Der Schreibtisch von Nadja Ramisch steht im Pfarramt mitten in Bad Salzungen. Aber das ist nicht ihr einziges Büro. Bei weitem nicht.

Die 41jährige Frau mit den kurzen Haaren und dem herzlichen Lächeln ist für drei Pfarrbereiche im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach zuständig. Das sind zwölf Dörfer. Aber Nadja Ramisch ist keine Pfarrerin. Die gelernte Verwaltungsfachangestellte ist seit 1. Februar 2024 Vakanzkoordinatorin. Eine ganz neu geschaffene Stelle und Funktion, einmalig in der EKM.

Wie koordiniert man Vakanzen, also freie Stellen? Seit Jahren gibt es in den drei Pfarrbereichen, für die Nadja Ramisch zuständig ist - Kaltennordheim, Empfertshausen und Urnshausen - keine Pfarrerin, keinen Pfarrer mehr. Mit der Vakanzkoordinatorin sollen die Gemeinden, vor allem die Ehrenamtlichen, entlastet werden. Es geht also um deutlich mehr, als nur den Mangel zu verwalten.

Nadja Ramisch leitet Sitzungen, schreibt Tagesordnungen, kümmert sich um geplante Bauvorhaben: Woher kommt das Geld? Welche Firmen sind geeignet? Sie setzt Nutzungsverträge für Kirchen auf oder Mietverträge für Pfarrhäuser, in denen längst kein Pfarrer mehr wohnt. All das sind Aufgaben, die die Ehrenamtlichen oft nicht alleine bewältigen können: „Sie sind es ja gewohnt, dass ein Pfarrer oder eine Pfarrerin für Sie da ist, um solche Dinge zu klären. Jetzt bin ich für sie da. Ich mache mit ihnen Sitzungen, bespreche alles mit ihnen. Was ist wichtig, was wird gebraucht, wie wollen wir das Gemeindeleben gestalten?“

14 Jahre hat Nadja Ramisch in der Stadtverwaltung und im Landratsamt Bad Salzungen gearbeitet. Sie ist Verwaltungsprofi. Das hilft ihr bei der neuen Aufgabe. Reichen würde das aber nicht, um klarzukommen bei Kirche, sagt Ramisch. Die kirchlichen Strukturen sollten einem nicht fremd sein. Seit vielen Jahren ist sie ehrenamtlich in der Gemeinde aktiv, im Kirchenkreis, in der Kreissynode. Lange hat sie mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet, die Christenlehre gemacht. Seit zwei Jahren ist sie Lektorin: „Es ist eine Passion, es war ein Herzenswunsch, das zu machen. Eine Gemeinde wieder aufblühen zu lassen oder auch weiterleben zu lassen und den Ehrenamtlichen den Rücken zu stärken, damit sie nicht aufgeben. Die, die da sind, sind schon am Limit.“ Und schmunzelnd fügt sie hinzu: „Der Herr hat mich gelenkt.“

Neben den Verwaltungsaufgaben in den Pfarrbereichen kann und wird sie künftig auch Gottesdienste in den Dörfern gestalten, soweit das die 75%-Stelle zulässt. Die Kasualien darf sie als Lektorin nicht übernehmen, alles andere schon. Auch das eine Erleichterung für die Pfarrer und Pfarrerinnen der anderen Pfarrbereiche.  Das Evangelium unter die Menschen bringen, Gottes frohe Botschaft raustragen, auch das ist ihr Ding. „Ich habe selbst erlebt in der Christenlehre, die ich viele Jahre gemacht habe, dass Kinder, wenn sie selbst anfangen zu glauben, dass ihnen das etwas gibt, dass es guttut. Ich finde es wichtig, dass man das Wort Gottes weiter in die Welt trägt, was einen selbst berührt hat, was es dir und mir bringen kann. Das finde ich elementar.“

Nadja Ramisch ist oft unterwegs in ihren 12 Rhön-Dörfern. Im ersten Moment seien die Leute in den Gemeinden etwas skeptisch gewesen: Was machen Sie jetzt alles? Was sind Ihre Aufgaben? Sie habe dann einfach alles erklärt: „Jetzt arbeiten wir gut miteinander. Wir sind zusammengewachsen. Für die Gemeindeglieder bin ich jetzt die Ansprechpartnerin für alles außer kasuale Dinge. Wenn es was zu klären gibt, rufen sie an, und wir haben unsere regelmäßigen Sitzungen.“

Gut sei, dass sie aus der Region komme, auch vom Dorf. Die Gespräche finden auf Augenhöhe statt, sagt die 41jährige: „Ich kann mich in ihre Situation reinversetzen und weiß, was Menschen im ländlichen Raum bewegt, wie sie kommunizieren und wie man mit Ihnen umgeht. Und dann klappen auch die Gespräche gut. Vertrauen ist geschaffen.“

Die Aufgaben für die Zukunft seien groß, sagt Nadja Ramisch. Immer weniger Kirchenmitglieder, Dörfer, in denen sonntags vier Leute in den Kirchenbänken sitzen, der Fachkräftemangel ist längst auch bei Kirche Realität. Die Gemeinden müssen umdenken, auch wenn das schmerzt, sagt Ramisch: „Wir sind ein Pfarrbereich, ein Kirchspiel. Und wenn in dem Dorf drei Kilometer neben uns Gottesdienst ist, dann fahren wir alle da hin. Und in zwei Wochen ist bei uns, dann kommen auch alle. Dass wir uns als Ganzes verstehen. Anders wird es in Zukunft nicht mehr gehen können. Auch vom Arbeitsaufwand her. Diese Gemeinden müssen zusammenwachsen, müssen sich als ein Kirchenrat verstehen und die Belange aller Dörfer dieses Bereichs im Blick haben.“

Nadja Ramisch ist motiviert, diese Aufgaben mit anzugehen in ihrer Kirche. Und mehr zu tun, als bloß den Mangel zu verwalten.


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